Vielleicht ist das zwischen den Zeilen schonmal aufgefallen, wir sind heimliche Nicolai Fans. Ihr erinnert euch zum Beispiel an unseren „keine Kompromisse“-Aufbau mit dem Nicolai Argon FAT, der Rohloff Getriebenabe und dem Gates Carbon Drive Riemenantrieb… ein Traum! Alternativ dazu gibt es noch eine andere, lebenslange und quasi wartungsfreie Kombination.

Nicolai Argon FAT mit Pinion P1.18 Getriebe und Carbon Gates Drive Riemenantrieb

Nicolai Argon FAT mit Pinion P1.18 Getriebe und Carbon Gates Drive Riemenantrieb

Sorgenfreies FATBike mit Pinion Getriebe

Mit einem Pinion Getriebe am FATBike geht ein sorgenfreies Bikerleben schier unendlich weiter. Um das auch selbst einmal zu erleben, haben wir uns ein Nicolai Argon FAT mit Pinion zum Testen organisiert, selbstredend auch mit Gates Carbon Drive Riemenantrieb. Nichts passt besser zu einem solchen Konzept, und erst die Optik!

Carbon Gates Drive Riemenantrieb ist genauso geräuschlos wie das Pinion

Carbon Gates Drive Riemenantrieb ist genauso geräuschlos wie das Pinion

Das erste serienreife Pinion Fahrradgetriebe erblickte mit 18 Gängen und nach 5 Jahren Entwicklungszeit 2010 das Licht der Bikewelt. Die Herausforderung, ein Pinion ans FATBike zu stecken, war dagegen eine Kleine. Alles was es dafür brauchte war eine modifizierte Achse und den ausladenden Booster Spider, denn die Gehäusebreite des Getriebes ist bei der FATBike-Variante identisch zum klassischen Pinion.

Aber wie läuft so ein Pinion Getriebe nun am FATBike? Wir haben es getestet!

18 Gänge, unter allen Bedingungen

18 Gänge, unter allen Bedingungen

Konkurrenzlos breit

18 Gänge am Pinion bedeuten satte 636% Übersetzungsbandbreite, das ist konkurrenzlos und tauglich für eine Trans-Himalaya. Das spürt man schon auf den ersten Metern. Feine Gangabstufung, geschmeidige Gangwechsel, geräuschloser Rundlauf und immer, wirklich immer noch ein paar Gänge in Reserve. Gepaart mit dem geräuschlosen Carbon Gates Drive Riemenantrieb kommt direkt entspannte Sorgenfreiheit auf.

18 Gänge machen sichtlich Spaß!

18 Gänge machen sichtlich Spaß!

Einzig durch den recht großen Freidrehwinkel des im Getriebe integrierten Freilaufs fällt der Fuß beim Antreten hin und wieder in ein ungewohntes Loch. Durch eine möglichst geringe Rasterung des Freilaufes an der verbauten Hinterradnabe kann dieser Effekt aber minimiert werden. Die Tune FAT Kong Nabe am Testbike bringt da mit Ihren 36 Rasterungen schon sehr gute Werte, lediglich die Hope Fatsno kommt mit 44 Rasterungen und die DT Big Ride mit Ratchet-Freilauf sogar mit bis zu 54 Rasterungen noch etwas feinfühliger daher. Entsprechend verringert wird dann auch der Freidrehwinkel.

Kompaktes Getriebe P1.18 mit satten 636% Übersetzungsbandbreite

Kompaktes Getriebe P1.18 mit satten 636% Übersetzungsbandbreite

Das lässt das Pinion Getriebe völlig kalt!

Völlig unabhängig von Witterung und Außenbedingungen drehen sich die 3×6 Gänge im Inneren des P1.18 Pinion unbeirrt umeinander. Bei einer 3×6 Gang Shimano SIS Kettenschaltung Anfang der 90iger war das nicht immer der Fall, einige erinnern sich vielleicht noch. 😉
Was allerdings auffällt, ist der Unterschied beim Schalten in kürzere oder längere Gänge. Längere Gänge flutschen durch eine kleine Handbewegung am Drehgriffschalter äußerst geschmeidig rein.

Bereit für den Trail!

Bereit für den Trail!

Beim Schalten in kürzere Gänge muss jedoch die Last etwas vom Pedal, da die Handkräfte sonst ziemlich rabiat werden müssen um den Drehgriffschalter zu Drehung zu animieren. Das klingt erstmal eigenartig, ist aber aus technischer Sicht recht einleuchtend. Beim Schalten auf einen längeren Gang kann das neu angewählte Zahnrad die Schaltwelle und die darin liegende Schaltklinke überholen, da es sich schneller dreht als die Schaltwelle. Holt es die Schaltklinke ein, wird die bisher benutzte Schaltklinke entlastet und kann eingezogen werden. Diesen Vorteil bietet das Schalten auf kürzerer Gänge eben leider nicht.

Steuerzentrale für das Pinion Getriebe: der Drehgriffschalter

Steuerzentrale für das Pinion Getriebe: der Drehgriffschalter

Das Getriebe wird mit dem schon erwähnten Drehgriffschalter über zwei Bowdenzüge angesteuert. Die Rasterung der Gänge erfolgt allerdings nicht im Shifter wie bei herkömmlichen Kettenschaltungen, sondern im Getriebe selbst. Von daher ist auch kein Einstellen notwendig, lediglich die Bowdenzugspannung muss je nach Nutzungsintensität durch einfaches Drehen der Nachstellschrauben alle paar Monate mal straff gehalten werden.

Das berühmt berüchtigte "S". Damit ist die S-Kurve im freien Fall gemeint.

Das berühmt berüchtigte „S“. Damit ist die anstehende S-Kurve im freien Fall gemeint.

Ansonsten ist ein Pinion Getriebe, was die Wartung angeht, sehr genügsam und braucht nur alle 10.000km oder einmal jährlich seinen Ölwechsel. Das kann der Besitzer ohne Spezialwerkzeug recht einfach selbst tun, oder mit Unterstützung des Händlers des Vertrauens, und ist in einer halben Stunde erledigt. Zum Service muss das Getriebe deshalb also nicht geschickt werden.

Trotzt tapfer Eis, Schnee und Schlamm

Trotzt tapfer Eis, Schnee und Schlamm

Was der Markt so hergibt

Auf dem Markt haben sich einige der FATBike-Hersteller passender weise auch dem Pinion-Einbau gewidmet. Uns sind folgende Hersteller von FATBikes mit Pinion Getriebe bekannt: MAXX, Nicolai, Mi:Tech, idworkx, Falkenjagd, Rennstahl und wheeldan. Übrigens ist die Bodenfreiheit durch das Getriebe im Innenlagerbereich des Rahmens nicht eingeschränkt, das lässt die Enduristen unter uns sicher aufatmen.

Keine Einschränkungen in der Bodenfreiheit mit dem Pinion P1.18

Keine Einschränkungen in der Bodenfreiheit mit dem Pinion P1.18

Alternativ zum P1.18 mit seiner Übersetzungsbandbreite von üppigen 636% und konstanten Abstufungen von 11,5 % steht bei Pinion auch das P1.12 Getriebe zur Wahl. Dieses hat mit seinen 12 Gängen immernoch eine ausreichende Übersetzungsbandbreite von 600% und lässt mit einer größeren Gangabstufung von 17,7%, für das Gelände manchmal notwendig, größere Übersetzungssprünge zu. Außerdem spart die 12-Gang Variante nochmal 350 Gramm. Das P1.18 Getriebe wird von Pinion mit 2.700 Gramm, mit dem P1.12 bleibt die Waage bei 2.350 Gramm stehen. Unser Testbike, das Nicolai Argon FAT mit Pinion P1.18 und Carbon Gates Drive, wiegt inkl. Pedale und Schläuchen in den Reifen 15,9 kg.

Drehgriffschalter des Pinion Getriebes

Drehgriffschalter des Pinion Getriebes

Apropos Kosten… Da für das Pinion Getriebe am FATBike ein spezieller Rahmen notwendig ist, wird das Getriebe auch nur in Verbindung mit einem solchen von den jeweiligen Herstellern angeboten. Somit lässt sich auch kein Einzelpreis angeben. Betrachtet man sich aber zum Beispiel mal den Nicolai Argon FAT Rahmen am Testbike, der als klassische Variante bei um die 1.500 EUR, mit Pinion bei ca. 3.400 EUR liegt, lässt sich der Einzelpreis für die Schaltung zumindest grob ableiten.

 

Gute Aussichten bei Kälte: Keine Probleme beim Schalten mit dem wartungsfreien Pinion

Gute Aussichten bei Kälte: Keine Probleme beim Schalten mit dem wartungsfreien Pinion

Was bleibt?!

So sorgenfrei waren wir bisher kaum auf einem FATBike unterwegs. FATBike, Pinion, Gates, das passt besser zusammen als Arsch auf Eimer. Die hohe Flexibilität mit der enormen Übersetzungsbandbreite, äußerst geringer Wartungsbedarf mit jährlich nur einem Ölwechsel, zentraler und tiefer Schwerpunkt, keine abstehenden Teile, die im Waldeinsatz abreißen könnten, alles Argumente für ein Pinion Getriebe am FATBike. Ausreichend viele Vorteile, um den kleinen Gewichtsnachteil und den doch höheren Anschaffungspreis zu rechtfertigen.

10 Responses

  1. Myrmecophaga

    Hallo zusammen,
    wer ist eigentlich mittlerweile der Besitzer dieses Traumrads und hat sich vielleicht schon daran satt gesehen? Bin jedenfalls auf der Suche nach einem Argon FAT Pinion in Größe M. Falls also jemand Platz in der Garage braucht oder jemanden kennt…
    Grüße

    Antworten
    • Dan

      Hi Nicolas,
      vielen Dank für deinen Comment. Dieses Traumbike hatte uns seiner Zeit Pinion selbst für einen Test zur Verfügung gestellt, ich denke dort befindet es sich auch noch. Ob es käuflich ist, keine Ahnung 😉
      FATte Grüße und viel Glück bei deiner Suche!
      Dan

  2. Hannes Bartschneider

    Wollte wieder mit dem fahren richtig anfangen. Die 18 Gänge des Pinion Getriebe klingen super! Die unterschiedlichen Getriebe, gerade bei solchen „spezielleren“ Modelle sind ja oft etwas besonderes

    Antworten
  3. Thomas

    Hallo Dan, mit welchem Thema hat man Ruhe? Ich habe nur die vielen eingeschickten Rohloff-Naben mit undichten Simmeringen noch vor Augen und die ganzen genervten Kunden dazu. Oder die Leute die in den Pyrenäen im Urlaub mit Schaltseilriss liegen geblieben sind und Rohloff war dann schön in Betriebsferien. Dann sehe ich einfach nicht den Vorteil gegenüber einer Kettenschaltung. Mit Shimano 11-Gang der gleiche Mist, ständig schickt man die Getriebe durch die Republik. Also aus unserer Erfahrung läuft außer Nexus oder Alfine 8-Gang keine Getriebeschaltung zuverlässig in der Fläche. Das sind alles teure Spielereien für Technikverliebte.

    @Riemen: Für Altagsrad verkaufe ich das gerne, aber für Reise oder wenn es ans Eingemachte geht, bekommt das bei uns keinen Like, wir haben gerade wieder ein Rad mit Riemenriss nach 1000 Km aus der Werkstatt geschoben, keiner kann sich das dann erklären, ja, wir schicken euch mal Ersatz. In Finale wäre der Urlaub dann aber erstmal zuende.

    Fat-te Grüße zurück.

    Antworten
  4. Thomas

    Also Leute, ich sehe hier überhaupt keinen Vorteil, das Ding ist teuer, schwer, schaltet beschissen (selber probegefahren), keine Sau kann das auf Tour im Urlaub irgendwo reparieren, und die Bike-Auswahl ist gleich Null, das ist genauso ein Blödsinn wie die Rohloff. Und dann Riemen, ihr schleppt also auf Tour einen Ersatzriemen mit im Rucksack oder wie? (für die, die es nicht wissen, die Dinger reißen auch schon mal)

    Antworten
    • Dan

      Hey Thomas, Danke für deinen Kommentar. Ich selbst fahre seit fast 20 Jahren Rohloff, seit vielen Jahren auch mit Riemen. Nur im ersten Jahr hatte ich mal ein kleines Problem bei extremer Kälte, was Rohloff schnell und unkompliziert behob. Seither liefen die Naben viele viele Tausend Kilometer ohne Fehler. Ähnlich sehe ich auch das Pinion gelagert. Sicher: Teuer, schwer und schwer unterwegs zu reparieren, alles richtig, aber man hat eben auch viele Jahre Ruhe mit dem Thema. Du bist ja zu recht happy mit der GX Eagle, belasse es dabei 😉 FATte Grüße, Dan

    • Matt

      Hi Buschi,

      vielen Dank für diesen extrem spannenden Link, den wir hier auch gern veröffentlichen!

      FATte Grüße

      Matt

  5. Uwe Trettin

    Moin !
    Klingt ziemlich interessant, zumal ich als Allwetter-Fahrer etwa einmal im Jahr alle Kettenblätter und Ritzel tauschen muss . Selbst mit speziellen Haftfetten die auch schmutzabweisend sind , steht der ganze Triebstrang nach 2 bis 3 Stunden Schlammschlacht trocken (ohne Schmiermittel ). Entsprechend ist eine Getriebeschaltung, so sie denn auf Dauer hält eine interessante Alternative.
    Gruß Uwe

    Antworten
  6. Bernd

    Servus,

    wieder ein sehr interessanter Bericht.
    Ich liebäugle schon seit einiger Zeit mit dem Pinion-Getriebe und dem Gates-Riemen.
    Leider war die Auswahl an Bikes sehr übersichtlich und der Preis sehr hoch.
    Ausserdem gab es keine Langzeiterfahrungen damit.
    Wie ist bei Eurem Test der Riemen mit dem Matsch, dem Schnee und den Temperaturunterschieden klar gekommen?
    Wie viel höher ist der Kraftaufwand beim Riemenantrieb gegenüber der Kette.
    Wie oft muss der Riemen ersetzt werden?

    FATte Grüße

    Bernd

    Antworten

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