Mit einer SRAM Eagle am FATBike wird das Dutzend voll. Ein paar von Euch erinnern sich vielleicht noch an Zeiten, in denen eine 7-fach Kassette High End war. Wenn Euer nagelneues High End MTB auch mal sowas hatte dann findet Euch damit ab: ihr werdet alt! Wir auch. Verdammt…
Aber wie auch immer. Jetzt also zwölf. 12 Monate hat ein Jahr, 12 Zylinder stecken in den edelsten Motoren, die Europäische Flagge hat 12 Sterne und befragt man einen Mathematiker zur Zwölf bekommt er (oder sie) feuchte Augen.
Keine Frage: die zwölf ist eine verdammt krasse Zahl. Nur: was bringt sie einem FATBike? Wir haben es ausprobiert!

SRAM Eagle. Im Dutzend teurer.

Dicht gepackt: 12 Ritzel im Paket

Eins vorweg: bei der Preisgestaltung des aus vier Teilen bestehenden „Eagle“ Basissets ist Sram alles andere als zimperlich. Umwerfer, Shifter, Kette und Kassette schlagen im Internet, wenn man eine Eagle am FATBike haben möchte, mit ca. 650,- (X01 Eagle) bzw. ca. 950,- (XX1 Eagle) in’s Kontor. Das folgt dem allgemeinen Trend, gleichbleibende Setpreise mit weniger Baugruppen zu füllen. Die Kosten für Verschleißersatz dürften entsprechend so manchem kalten Schweiß auf die Stirn treiben.

Der Adler weißt dir den Weg!

Kurz gesagt ist die SRAM Eagle die konsequente Weiterentwicklung von SRAM’s Idee, Umwerfer blöd zu finden.
Ein Leben ohne Umwerfer bringt ohne Zweifel handfeste Vorteile – aber auch einen immensen Nachteil: die geringe Gesamtübersetzung. Ein einfaches Rechenbeispiel verdeutlicht das Problem. Eine klassische 2×10 Schaltung mit 22/36 Zähnen vorn und 11/36 Zähnen hinten kommt auf 535% Gesamtübersetzung. Eine SRAM mit 10/42er Kassette nur auf 420%. Das bedeutet, dass der 11. Gang nur 4,2 mal so lang übersetzt wie der erste.

10 bis 50 Zähne. Wahnsinn…

Das ist einer der Gründe, warum wir aus unserer FATBike Perspektive „one-by“ Systeme sehr kritisch sehen: für den extrem breiten Einsatzbereich unserer Fatties sind sie ein Kompromiss, bei dem man entweder an Kraft oder Endgeschwindigkeit verliert.

Genau hier setzt SRAM an und ergänzt die bisherigen 11-fach Kassette um einen 12. Ring aus Aluminium mit satten 50 Zähnen. Die Gesamtübersetzung steigt auf flockige 500% und kratzt damit tatsächlich am „two-by-ten“.

So einfach ist das? Nicht ganz!

Extrem filigran: die Kette

Ganz so zwanglos geht es dann aber doch nicht. Wenn man sich 12 statt 11 Schnitzel in den Bauch drückt wird es eng – für Ritzelpakete gilt dasselbe. Man kann sie nicht beliebig breit bauen. Denn: Fahrradketten kann man nicht beliebig biegen. Außerdem beeinflusst eine breitere Kassette die gute alte Kettenlinie, auf die Bikerahmen abgestimmt sind. SRAM hat also die 12 Gänge in denselben Raum gepresst, wo sich früher 11 getummelt haben. Um den nötigen Platz zu schaffen mussten Ritzel und Kette abspecken. Netter Nebeneffekt: es spart auch noch Gewicht.
Wir müssen noch selbst nachwiegen, nach ersten Recherchen scheint der zusätzliche Gang das Gewicht der Gruppe verglichen mit einer entsprechenden SRAM 11-fach Gruppe aber nicht wirklich negativ zu beeinflussen.

Hält das?!?

Das wunderschöne größte Ritzel wurde aus leichtem Alu gefertigt

Aber es bringt uns zu einer anderen Frage. Die Laschen der Ketten sind hauchdünn, das 50er Ritzel aus Alu. Hält das?!? Ehrlich gesagt können wir dazu aktuell nichts sagen. Insgesamt haben sich die 11-fach SRAM X01 oder XX1 als sehr robust gezeigt. Ob die Eagle an diesen Ruf anschließen kann und dem harten und schlammtriefenden FATBike Alltag dauerhaft gewachsen ist müssen wir abwarten.

Einsatz der Eagle am FATBike

Es gibt eine Kurbel…

Womit wir beim eigentlichen Thema wären. FATBikes. SRAM hat tatsächlich eine Kurbel mit FATBike spezifischer Achse im Programm. Allerdings haben die SRAM Entwickler, wie schon bei den älteren X5/X9 Kurbeln, konsequent die typischen Einbaumaße ignoriert. Ergebnis: ohne Vorschlaghammer wird man die Kurbel nur an wenigen Fatties mit 170mm Hinterbau montieren können. SRAM behauptet Anderes, aber die Kurbel auf dem Bild ist für 190mm Hinterbauten gedacht. Noch Fragen? Also weiter.

…die aber am 190mm Hinterbau nicht passt.

Zum Glück haben sich gängige 1×11 Kettenblätter als kompatibel erwiesen, so dass man ein laufendes System z.B. auf Basis einer Race Face oder Hope Kurbel aufbauen kann. Die übrigen Teile finden über die bekannten Wege Anschluss an’s Bike. So wird die Kassette z.B. auf den üblichen XD-Freilauf von SRAM geschraubt. Dem Einsatz am Fatty steht also nichts im Wege.

Präzise wie ein Uhrwerk, sanft wie ein Wagenrad

Die Schaltzentrale

Das Fahrerlebnis liegt auf dem hohen Niveau, welches man von SRAM gewohnt ist. Die SRAM Eagle hämmert, einen flinken Daumen vorausgesetzt, ausgesprochen schnell und präzise durch die Gänge. Diese Präzision macht die Gangwechsel aber auch furztrocken und sorgt für das schon bei 1×11 SRAM Systemen oft zu beobachtende knöchrige Gefühl beim Schalten. Die Kette bahnt sich hektisch den Weg von Ritzel zu Ritzel und in Anbetracht ihrer hauchzarten Bauweise und des weit weniger hauchzarten Anschaffungspreises schweift der Blick nicht selten furchterfüllt nach hinten: alles noch dran? Ja? Cool, dann weiter!

Schaltwerk und Kassette

Die Abstufung der Gänge ist gewohnt exzellent auch wenn die Sprünge in den ersten zwei, drei Gängen recht groß ausfallen. Das Übersetzungsverhältnis konnte tatsächlich selbst bei unserer Testfahrt im verschneiten Alpenland überzeugen. Ein wenig Grundkondition vorausgesetzt schafft SRAM hier auch am FATBike endlich den Sprung in die Alltagstauglichkeit.
Zusätzlich bietet SRAM noch ein Highlight für Winter-FATBiker: beide Eagle Schaltungen können statt Daumenshiftern mit großflächigen Drehgriffschaltern kombiniert werden.

Und was macht Shimano?

One-by – mit allen Vor- und Nachteilen…

Bleibt der Blick über den Tellerrand. Was treibt eigentlich Shimano? Dort geht man einen anderen Weg und findet Umwerfer nicht ganz blöd. Resultat: 2×11. Gut – gegenüber 1×11 braucht man einen Umwerfer, einen zusätzlichen Schalthebel samt Bowdenzug und ein weiteres Kettenblatt. Das wiegt. Kombiniert man jedoch eine 11/46 Kassette mit 26/36 Zähnen vorn kommt man bereits auf mächtige 580% Übersetzung. Eine 22/36er Kurbel ermöglich sogar sagenhafte 684%. Wie sinnvoll das ist und ob es noch harmonische Abstufungen ermöglich steht auf einem anderen Blatt. Aber als FATBiker ist man unkonventionelle Lösungen für altbekannte Probleme ja sowieso irgendwie gewohnt.
Abgesehen davon erlaubt die Shimano Schaltung – Umwerfer und Multi Release sei Dank – in kürzester Zeit sehr große Schaltsprünge.

Was bleibt?

Kein Schnäppchen, aber sehr geil! Die XX Eagle (Quelle: SRAM.com)

Die SRAM Eagle am FATBike ist eine geschickte Idee um eines der großen Probleme von one-by Systemen zu begrenzen. Alle, die ihr FATBike nicht konsequent vom Tiefschnee bis Transalp nutzen, finden hier eine alltagstaugliche Übersetzungsbandbreite kombiniert mit geringem Gewicht. Wer ein wenig Rücksicht auf die spaghettidünne Kette nehmen kann und keine Rücksicht auf sein Bankkonto nehmen muss ist mit der SRAM Eagle am FATBike gut beraten.
Styler haben davon abgesehen übrigens keine andere Wahl, denn die schwarz-goldene XX1 ist derzeit defintiv das sexieste Stück Technik, welches man sich ans Bike schrauben kann. Bald ist Valentinstag – wenn Ihr Euer Fatty liebt, wisst Ihr, was zu tun ist!

4 Responses

  1. guenter

    Hey Fatty Experten,
    was für ein Kettenblatt hattet Ihr dann auf der Kurbel? Braucht es für Eagle nicht spezielle Kettenblätter mit längeren Zähnen? Könnt Ihr etwas empfehlen, das mit einer Race Face Kurbel kombinierbar sein müsste?
    Habt Dank und happy Trails,
    guenter

    Antworten
    • Robert

      Hab mein Fatty letztes Jahr auf XX1 umgebaut. Kurbel hab ich die NextSL mit einem 32er Blatt von RaceFace. Funzt wunderbar.

      Gruß Robert

  2. sebi

    hi,
    was mich angesichts des massiven trends hin zu umwerferlosen 1×11/12 antrieben im detail interessieren würde: neben den dünneren ritzeln und der filigraneren kette ist doch auch der extreme schräglauf der kette (ich muss ja alle ritzel schalten) ein faktor, der die haltbarkeit und lebensdauer solcher antriebe stark reduzieren müsste. stimmt das, was habt ihr dazu für erfahrungen und meinungen?
    ciao
    sebi

    Antworten
    • Matt

      Hi Sebi,

      ja, genau diese Sorge hatten wir auch von Anfang an. Tatsächlich können wir aber bisher (zumindest von 1×11 SRAM Systemen) nichts derartiges berichten. Uns wurde bereits am Anfang mehrfach versichert, dass die Systeme genau darauf ausgelegt sind und sogar weniger schnell verschleißen als 2×10 Schaltungen. Das klang zwar irgendwie nach Voodoo, aber es scheint sich tatsächlich zu bestätigen.
      Allerdings ist für ein gut laufendes 1×11/12 System eine perfekte Kettenlinie unerlässlich – das wird beim Fatty von den Herstellern gern vernachlässigt. Die von uns laufend kritisierte 190mm Innenlagerachse positioniert das Kettenblatt deutlich zu weit rechts. Wir bekommen ab und an Fragen von Lesern, denen beim Rückwärtstreten die Kette ungewollt den Gang wechselt. Genau DAS ist ein Ergebnis davon (die Kette fällt vom 1. in den 2. Gang). Wir vermuten (aber wissen es mangels fehlender Langzeiterfahrung nicht), dass hier auch der Verschleiß höher ausfällt.
      Bei einem optimalen System (170mm Achse mit Boost Kettenblatt, entspricht ca. 72-73mm Kettenlinie) ist der Verschleiß sehr gering.
      Mehr Hintergrundinfos haben wir hier zusammengetragen: https://www.fat-bike.de/fatbike-kurbeln-teil-1/

      FATte Grüße

      Matt

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