Wenn du über Bikes schreibst, erreichen dich täglich diverse Pressemitteilungen. Üblicherweise zitieren wir bei FAT-Bike.de deren Inhalte nicht – wir überzeugen uns lieber selbst. Aber heute machen wir mal eine Ausnahme: „…Für ein besseres Überrollverhalten, ein besseres Momentum und eine große Auswahl an Reifen und Laufräder…“. Mit diesen Worten möchte uns Canyon den neuen 2021er Canyon Dude CF schmackhaft machen. Wir haben bereits seit einiger Zeit vorm offiziellen Launch die Ehre, das Bike testen zu dürfen. Und weil wir parallel auch noch den 2020er Dude CF 9.0 Trail in der Redaktion hatten, konnten wir die Unterschiede so gut wie selten herausarbeiten. Und davon gibt es reichlich… Was der neue Dude besser kann, was uns stört und warum am Ende doch noch alles gut wird lest ihr hier.

Feinarbeit mit großer Wirkung

Neues Format, neues Glück

Abgesehen von der leicht veränderten Ausstattung (dazu kommen wir gleich) hat Canyon beim Canyon Dude CF 9 2021 vor allem an 2 Stellschrauben gedreht. Zum einen wurde der Rahmen um sämtliche Details beschnitten, die man zum Anbau eines Umwerfers braucht. Auf unsere Nachfrage begründet Canyon diesen Schritt damit, dass es sowieso kaum noch 2-fach Kurbeln gibt und das Bike eine sehr sportlich orientierte Grundauslegung hat. Nun denn…

Da ließ sich früher ein Umwerfer montieren.

Die Begründung für den Wechsel auf das 650 FAT Format liefert uns die oben zitierte Pressemitteilung. Interessanterweise hat Canyon die Geometrie des Dude Rahmens trotz der tiefgreifenden Veränderungen an Laufrädern und Federgabel nicht angefasst. Das führt einer deutlichen Veränderung in der Geometrie des aufgebauten Bikes, die wir (inklusive Änderungen zum Vorjahr) in unserer beliebten „FATBike-in-a-Box“ Übersicht für Euch zusammengefasst haben:

FATBIKE-IN-A-BOX (Drück mich!)

Alle Daten sind Herstellerangaben und entsprechen der von uns getesteten Größe „L“

Sitzrohr 490mm (+/-0)
Oberrohr 645mm (+3mm)
Sitzwinkel (effektiv) 73° (-1°)
Lenkwinkel 67° (-1,5°)
Kettenstrebe 439mm (+/-0)
Radstand 1,190mm (+8mm)
BB Höhe/Absenkung —mm/52mm (-8mm)
Federweg vorn 120mm (+20mm)
Federweg hinten 0mm
Stack 660mm (+8mm)
Reach 445mm (+/-0)
Hinterbaubreite/Achse 197/12mm Steckachse
Gewicht Komplettbike (ohne Pedale) 14,9kg (+1,1kg)

Lupenrein aber nicht makellos: die Ausstattung des Canyon Dude CF 9 2021

SRAM GX Schaltung, leider aber nur eine NX Kassette

Bei der Ausstattung des Canyon Dude CF 9 2021 hat sich Canyon wie üblich nicht lumpen lassen. Die Laufräder wurden, wie schon damals beim ersten Dude überhaupt, gemeinsam mit DT Swiss entwickelt und anschließend mit Maxxis Minion 3.8 FBF/FBR Reifen bespannt. Der Rest ist durchweg erste Sahne und entspricht so in etwa dem, was Canyon bisher am Dude 9.0 Trail mitgeliefert hat: Mastodon Pro Federgabel, hauseigene Dropper Post, Race Face Komponenten, SRAM G2 Bremse, etc. Einen Ausrutscher leistet sich Canyon dann aber doch: die Kassette wurde auf SRAM NX abgespeckt. Das hat einen handfesten Nachteil: statt 10-50 Zähne sind es nun nur noch 11-50, was die sowieso schon viiiiiiel zu kurze Übersetzung im 12. Gang noch kürzer macht. Ergebnis: über 30km/h wird's zäh. Und: uns entgeht nichts!

SRAM Bremse mit vier Kolben und 180mm Bremsscheibe

Dass der Dude 9 2021 über 1 kg schwerer wird als sein 2020er Bruder geht praktisch vollständig auf die Laufräder zurück. Die 27.5″ DT Swiss BR2250 sind einige 100 Gramm schwerer als die 26″ Version, die Reifen bringen gut und gerne auch nochmal 600-700 Gramm zusätzlich auf die Waage. Die Schläuche schlagen mit je ca. 450 Gramm zu Buche, Revoloops oder ein Tubeless Aufbau können hier gut 600 Gramm einsparen.

Bevor es losgeht…

Nur noch Name: das Gewicht von 2.250 Gramm wird deutlich überschritten

…noch eine kurze Analyse. Folgende Ausgangslage: die verbauten Maxxis Reifen haben 5mm mehr Radius als die bisher montierten Jumbo Jim 4.0, haben aber etwa 7mm weniger Bauhöhe (also Abstand zwischen Felge und Reifenaußenkante). Das bedeutet: der Rahmen steht grundsätzlich 5mm höher über der Welt und die Reifen haben weniger „Federweg“ als bisher. Damit das nicht so auffällt, hat Canyon der Gabel 2cm mehr Federweg spendiert. Dazu kommen 2cm mehr Bauhöhe der Gabel, weil ab sofort die EXT Variante verbaut wird – für mehr Reserven für evtl. größere Reifen (Erklärungen dazu gibt's hier). Damit schießt das sowieso schon sehr hohe Cockpit des Dude weitere satte 4cm (!) nach oben.

Sexy Optik, baut aber extrem hoch: die Mastodon Pro EXT

Und dieser Effekt hat es in sich! Verglichen zum 2020er Dude CF 9.0 Trail werden Lenk und Sitzwinkel ca. 1,5° flacher, der Radstand wird ein Stück länger und das Tretlager entfernt sich mehr als 1cm vom Boden. Mit anderen Worten: das ist ein ziemlich anderes Bike…

Canyon Dude CF 9 2021 – Fahrtest und Faktencheck

Lenkwaffe: der Maxxis Minion FBF

Also… „ein besseres Überrollverhalten, ein besseres Momentum“ erwarten uns. Damit das alles hier nicht zu lang wird, haben wir den Maxxis Minion 3.8 Reifen hier separat getestet. Kurz gesagt: nein, hier ist nichts besser. Höchstens anders. Der 650 FAT Minion punktet mit einem super präzisen Lenkverhalten, verliert aber bei allen Tugenden klassischer FATBike Reifen. Dazu kommen das merklich höhere Gewicht des Bikes – da, wo es am meisten weh tut: außen an den Rädern. Durch ihre hohe rotierende Masse stellen sich die 650b FAT Räder merklich jedem harten Antritt in den Weg. Dazu sorgt das hohe Cockpit bei steilen Anstiegen dafür, dass das Vorderrad ein gutes Stück früher als bisher den Bodenkontakt verliert. Hat Canyon also einen großen Fehler gemacht?

Schubkraft: Maxxis Minion FBR

Keinweswegs. Denn weißt du, wo das alles keine Rolle spielt? Genau, bergab! Alle Veränderungen des Dude für 2021 bringen ihn deutlich mehr in Richtung Trail und Abfahrt als bisher. Langer Radstand, flache Winkel, hohes Cockpit, massig Feder(gabel)weg, messerscharfe Reifen – das sind die Zutaten für ein bissiges Trailbike, das auch auf knallharten Abfahrten nicht die Nerven verliert. Und laut Canyon war genau das die Absicht.

Ausgerechnet die Leitungsverlegung der hinteren Bremse ist geblieben…

Mit der Unnachgiebigkeit eines Güterzugs pfeilt der Dude durch den Wald als wäre die Richtung alles, was zählt. Er ist weniger verspielt, aber deutlich verbindlicher und spurstabiler als bisher. Insofern: Ziel erreicht.

Kann man lösen. Wenn man will.

DA gehört er hin, der neue Dude!

Jetzt mögen sich FATBike Puristen erst verwundert am Kopf kratzen und dann angewidert wegdrehen. Aber auch das wäre zu kurz gesprungen. Wir haben die Dudes aus 2020 und 2021 immer wieder auf dem Trail getauscht und hin und her verglichen. Und es hat eine Weile gedauert. Aber dann kamen uns zwei wichtige Erkenntnisse. Erstens: man KANN die Bikes nicht vergleichen. Trotz des von den Maßen her identischen Rahmens ist das eine ein herausragendes FATBike, da andere ein Trail Hardtail. Punkt. Und zweitens: das kann man ändern. Und hier wird es spannend. Die Mastodon lässt sich ohne großen Aufwand auf 100mm/STD umrüsten. Wie das genau geht, erklären wir demnächst. Eine Einführung zum Thema gibt's hier. Und klassische 26xwas-auch-immer FATBike Räder passen natürlich weiterhin.

Schick gemacht!

Wir hatten ja schon über alternative Laufradgrößen sinniert (z.B. hier zu 29 Plus) und im Prinzip liefert Canyon mit dem neuen Dude Folgendes: der Einsatzbereich des Bikes wird durch die Modifikationen stark in eine bestimmte Richtung gedrückt. Aber der geneigte Canyon Eigner kann das Setup jederzeit auf die alten Werte zurück drehen und hat damit 2 Bikes in einem: eben ein klassische FATBike und ein Trail Hardtail. Fortschritt, Mann!

Was bleibt?

Ein völlig neues Erlebnis!

Auch, wenn uns Rocky Mountain Suzi Q und Trek Farley Owner jetzt wüst beschimpfen werden: keines der bisherigen 27,5 FAT Bikes hatte nennenswerten Erfolg. Es gibt nur wenige brauchbare Laufräder, die Reifenauswahl ist arg begrenzt (und meistens schmal) und echte Vorteile sind rar. Sorry, Canyon. Aber der Clou ist: Canyon lässt den Weg zurück offen, und so hat man am Ende doch mehr, als bisher: eine völlig neue Erfahrung und mehr Möglichkeiten. Dass Canyon den Umwerfer verbannt, ist für uns schwer nachzuvollziehen, lässt sich aber angesichts immer besserer und vor allem robusterer 1×12 Systeme irgendwie verschmerzen. Ansonsten kann man den neuen Canyon Dude CF 9 2021 lieben, wie er ist oder mit wenigen Handgriffen umrüsten. Hin, und her, und hin, und her. Wenn man mag. So wird das erstklassige Bike am Ende noch vielseitiger. Perfekt wäre die Welt, wenn Canyon zum 2021er Dude optional ein 26″ Kit anbieten würde…

Ach, und eins noch…

…wir testen gerade den Bontrager Gnarwhal 27.5×4.5 auf dem Dude. Der ändert alles. Alles! Bleibt gespannt!

7 Responses

  1. Isaak

    Im Artikel steht das man die schweren Schläuche gegen Revoloops tauschen könnte, wo finde ich den diese im 27.5″ Format? Oder kann man die „stretchen“ 😉
    Mir geht’s um Platz/Gewicht bei großen Touren mit 1 oder 2 Ersatzschläuchen.

    Antworten
    • Matt

      Hi Isaak,

      danke für deinen Kommentar. Die Revoloop gibt es nicht in 27,5. Wir haben einfach 26er eingezogen und aufgepumpt. Funktioniert ganz normal, wir haben das auch mal an TPU Plus gegeben und die Jungs wollten über eine Freigabe nachdenken. Allerdings ist es glaube ich an der Stelle nicht weiter gegangen. Aus unserer Erfahrung kann ich aber sagen – wenn auch ohne Gewähr: geht.

      FATte Grüße

      Matt

  2. Phil

    Das wunderschön grüne 2016er Dude CF 8 rigid mit XT 2×10, 12kg und dem 559×76 BR2250 Radsatz ist bis heute für mich _das_ Dude. Leichtes Traumrad für damals 2200.-. Würde es auch heute nicht anders wollen.

    Antworten
  3. Moonbiker

    Meine Wünsche für das neue Dude wären gewesen:

    1250g leichter CFR Rahmen (Größe M)

    Innenverlegte Bremsleitung (hinten)

    AXS konform, also ohne weitere Zugverlegung.

    Schade Canyon, da geht noch was!

    Antworten
    • Uwe Trettin

      Moin Matt !
      Es ist mir durchaus klar das Canyon es nicht jedem Recht machen kann bzw will . Aber : die Befestigung für den Umwerfer beizubehalten hätte die Koblenzer nicht ins Verderben gestürzt.
      Und das wir in der Vergangenheit die Bikes alle erstmal auf Standard bringen mussten ist auch klar – egal ob Verbesserung der Gabel, Tretlager , oder Dropper Post ……
      All das war zwar ärgerlich- aber machbar.
      Die Befestigung nachzurüsten geht aber leider nicht !
      Und was die Geldfrage angeht :
      Da ist mir für ein gutes Produkt immer ein angemessener Preis wert .
      Ich habe aktuell 5 Bikes – selbst mein Stadtrad kostet schon 2000 Euro in der Grundausstattung – und wer fährt im Nachgang nicht mit Upgrades in der Ausstattung…..
      Von daher sei Canyon ins Parteibuch geschrieben : König Kunde ist auch bereit zu zahlen – wenn ihr dann auch dementsprechend liefert !
      Gruß Uwe

  4. Uwe Trettin

    Tja …. was sagt mir diese Konfiguration?
    Wird anscheinend nur noch für Abfahrten gebaut ?
    Für die Leute die Langstrecke fahren , noch selber den Berg hoch strampeln, und das Ding auch im Alltag nutzen ist es das wohl gewesen mit dem Dude .
    Schade drum – aber dann werde ich mir wohl die nächsten Fattys für meine Dame und mich bei Maxx anfertigen lassen.
    Es war schon in den letzten Jahren ein echtes Ärgernis das Canyon nur Standard liefern konnte und man danach teuer aufrüsten musste – aber jetzt lohnt es garnicht mehr !

    Antworten
    • Matt

      Servus Uwe,

      vielen Dank für deinen Kommentar. Allerdings möchten wir hier mal, trotz des kritischen Artikels, eine Lanze für Canyon brechen, und das gleich aus mehreren Gründen. Zum einen kostet ein Dude 2.999 Euro. Dafür liefert Canyon ein fertiges Bikes, das keine Wünsche mehr offen lässt. Mastodon Pro, Dropper Post, DT Laufräder, GX Eagle Schaltung, Race Face Parts und, vor allem, einen exzellenten Carbon Rahmen mit einer nahezu perfekten Geometrie. Wenn das „Standard“ ist, können wir eigentlich ganz froh sein. Das war unserer Meinung nach auch schon beim 2020er Dude 9 der Fall. Und es gibt ja auch noch den Dude 8 für 800,- weniger.
      Zweitens rechnen wir es Canyon hoch an, dass sie sich weiterhin so im Markt engagieren. Ob man das 650 FAT Format nun mag oder nicht – die einzige Mühe, die sich die große Mehrheit der anderen FATBike Hersteller in den letzten Jahren gemacht haben, war, ihre Bikes vom Markt verschwinden zu lassen. Zusammen mit DT einen neuen Radsatz zu entwickeln, daran dürfte außer Canyon keiner auch nur gedacht haben. Respekt!
      Und drittens teilt sich Canyon das Schicksal, es nicht allen Kunden perfekt recht machen zu können, mit praktisch allen anderen Marken die Bikes in Serie herstellen, außer eben den Custom Bike Bauern wie Maxx, Elom oder Steiner – die sich diesen Premium Service aber teilweise gesalzen vergüten lassen.
      Von daher sind wir zwar aus FATBike Addict Sicht auch nicht wirklich glücklich mit dem Trend zum 650 FAT, aber freuen uns andererseits auch, dass Canyon sich überhaupt was traut. Und wir hatten es ja ganz am Ende des Artikels erwähnt: würde Canyon optional noch entweder einen 26″ Aufbau oder ein Laufradkit zum fairen Kurs anbieten, wäre die Welt nahezu perfekt. Mal sehen, ob/was da noch kommt.

      FATte Grüße

      Matt

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.