Ein eFATBike? Jaja, nach wie vor rümpfen hier einige die Nase. Das Rollstuhl-Image klebt wie Teer am Fahrrad mit Hilfsmotor. Wir haben bereits mehrfach äußerst unterhaltsame Begegnungen mit eFATbikes gemacht und hatten bereits vom ersten Moment an einen Verdacht: mit so einem Teil hält man einen FATten Joker in der Hand.
Denn er ist zwar der natürliche Lebensraum von FATBikes, aber er hat es doch gnadenlos in sich: Schnee!

Mit Hochspannung durch die weiße Pracht

Lichtblick im tristen Grau

Gut – aus physikalischer Sicht ist die Überschrift natürlich Unsinn, denn von Hochspannung sind eFATBike Akkus weit entfernt. Aber wir waren mega gespannt, wie weit man mit reichlich Newtonmetern im Gepäck gehen – äh, FAHREN kann. Also haben wir uns ein zorniges e-Fatty geschnappt, es mit einem Satz nagelneuer Vee Tire Snow Avalanche 4.8 (über die wir kurzfristig berichten werden) bezogen und uns auf den Weg gemacht mal anständig durch den Schnee zu fräsen!

Start und Ziel. Der eine oder andere kennt diese Festung vielleicht 😉

Die erste Tour, auf der wir zum Vergleich noch ein unmotorisiertes Fatty am Start hatten, hatte eine Alm in Österreich zum Ziel. Bei knackigen 10 Grad unter Null war die Aufgabe, gut 900 Höhenmeter auf einer als Rodelpiste präparierten Forststraße abzuspulen. Die Herausforderung dabei: durch die extreme Kälte, nachts immerhin bis gut -20°C, war der Schnee staubtrocken und hatte die Konsistenz von feinem Sand. Für unser Vergleichs-Fatty eine (zu) harte Nuss: trotz Ausnutzung aller fahrtechnischen Kniffe sind wir damit besonders an Anstiegen immer wieder im Schnee versackt und mussten uns mühsam vorwärts kämpfen. Oder wir sind einfach ganz zu Erliegen gekommen. Die größten Probleme dabei: der unrunde Tritt und ein Mangel an Kraft bzw. Ausdauer.

Zähme den Hengst!

Ganz anders mit dem eFATBike. Der von uns im Sommer als eher lästig empfundene Nachlauf des Motors hat sich als FATter Joker entpuppt: er eliminiert den Totpunkt praktisch vollständig und sorgt für gleichmäßigen Vortrieb. Dass wir den Reifen mit gerade mal 0.25 bar zur Arbeit gezwungen haben wird damit auch völlig zur Nebensache.

Ohne Worte…

Um den 90Nm starken Oberbayrischen Hengst zu zähmen haben wir versucht, die geringstmögliche Leistungsstufe mit dem größtmöglichen Gang, in dem es sich rund treten lies, zu kombinieren. Mit anderen Worten: so lange man locker flockig mit eher hoher Drehzahl rund und weich treten kann, ist alles in Butter. Das resultiert aus der Charakteristik des Motors, der gleichmäßigen, hochfrequenten Tritt wesentlich besser unterstützt als kräftigen Wiegetritt. So haben wir uns nach kurzer Eingewöhnung spielend durch den Schnee zum Gipfel gewühlt.

Rauf ging's mit Strom, runter mit Flutlicht!

Der Hüttenwirt war begeistert und als kleines „Backtesting“ hat er sich eigenhändig ein paar Höhenmeter seines täglichen Arbeitsweges auf unserem Bike vorgeknöpft. Ergebnis: völlig geil, sowas braucht er jetzt auch!
Fazit: im Pulverschnee ist mit einem MTB traditionell kein Stich zu machen. Mit einem Fatty lässt es sich veritabel biken, auch wenn es gelegentlich mehr kämpfen als fahren ist. Ein eFATBike setzt hier noch einen drauf, es meistert – mit Gefühl gefahren – auch die Situationen, in denen normale Fatties die Stollen strecken.

Wenn nichts mehr geht, geht es mit einem eFATBike

Okay, hier kommt sogar ein Rennrad durch…

Unsere zweite Testtour, die eigentlich aus mehreren Rides bestand, sollte dann Bereiche austesten, in denen auch normale Fatties ratlos im Schnee stecken bleiben. Tiefer Schnee, nasser Schnee, gefrorener Schnee, steile verschneite Anstiege, etc. Wir sind einfach immer so weit gefahren, wie es im ersten Gang ohne Motor mit aller Mühe und Kraftanstrengung eben ging. Und hier schlägt die Stunde des Elektromotors. Und sie schlägt laut. Egal, ob es quer über dick verschneite Felder oder mehrfach verharschte Schneeflächen ging: es ging (fast) immer vorwärts. Oft hat uns erst das ungläubige Abschalten des Motors klargemacht, welches Drama sich da zwischen Reifen und Schnee abspielt. Ein eFATBike erschließt im Winter „Wege“, die für Biker mangels Kraft und Ausdauer – selbst auf einem FATBike – defintiv verschlossen bleiben.

Kraft und Ausdauer

Mit einem normalen Fatty ist hier Schluss…

Denn an Kraft und Ausdauer mangelte es unserem Untersatz nicht. 90Nm und ein 500Wh Akku reichen auch im Schnee und bei großer Kälte eine ganze Weile. Aber sie reichen nicht unendlich weit. Gerade die Kälte, aber auch die extreme Belastung, saugen dem Akku deutlich schneller den Saft ab als man es aus den Sommermonaten gewohnt ist.
Und natürlich muss bei aller Euphorie auch eines klar sein: der Winter zwingt auch ein eFATBike irgendwann in die Knie. Ist der Schnee zu tief/zu weich oder der Anstieg zu steil kann der Motor nur schieben – aber nicht zaubern. Auch eFATBikes können nicht fliegen.
Im Großen und Ganzen lacht man jedoch aus dem Sattel eines eFATBikes schallend auf den Schnee herab!

Was bleibt?

Fährst Du quer, siehst Du mehr. Schnee macht tierisch Spaß!

Ein eFATBike im Winter, das ist sowas wie Backstagekarten für die Lieblingsband. Mehr geht nicht, und man sieht und erlebt Dinge, von denen andere nur träumen können. Wir sind seit einiger Zeit überzeugt, das gerade FATBikes wegen ihres – im wahrsten Sinne des Wortes – breiten Einsatzbereichs eben keine Elektrorollstühle sind. Und gerade auf Schnee erschließen sich damit Extrembereiche, an denen sich selbst hochgerüstete FATBikes die Stollen ausbeißen – und die normale MTB's bestenfalls aus dem Wetterbericht kennen.
Wer Extreme mag, wird solche Einsätze und eFATBikes lieben!

11 Responses

  1. Winnie Rau

    Hallo,
    ich weiß, es ist schon ein älterer Thread, aber der Winger 2018 steht vor der Tür….
    Deshalb meine Frage, welche Reifen und Mindestbreite empfehlt ibr fürs Schneebiken mit dem Fatty?
    Ich hab ein Bike mit 3 Zöllern, finde die aber zu schmal im Schnee.
    Übrigens, tolle Seite mit prima Berichten

    Antworten
    • Matt

      Hi Winnie,

      Danke für deinen Kommentar und das Lob. Wir lesen die natürlich auch bei älteren Berichten!
      Mit drei Zoll bist du in der Tat im Winter nicht direkt souverän unterwegs. Wir haben mal ein 650B+ und ein FATBike auf Sand verglichen, da war der Unterschied dramatisch.
      Wenn es dir wirklich um Schnee geht dann kauf die 4.8″. Und wähle den richtigen Reifen, wir haben das ja schon mehrfach thematisiert. Vee Tire Snow Avalanche, Surly Bud/Lou oder Vittoria Cannoli sind herausragende Reifen im Schnee. Die kann man auch im Druck auf 0.3 bar oder sogar darunter absenken, was auf Schnee völlig neue Möglichkeiten eröffnet.

      Wenn du dich entschieden und erste Erfahrungen gesammelt hast würden wir uns freuen von dir zu hören!

      FATte Grüße

      Matt

  2. Winnie Rau

    Hallo,
    welche Reifen und Mindestbreite empfehlt ibr fürs Schneebiken mit dem Fatty?
    Ich hab ein Bike mit 3 Zöllern, finde die aber zu schmal im Schnee.
    Übrigens, tolle Seite mit prima Berichten!

    Antworten
  3. Geissi

    Hoi Matt, auch ich teile Eure Erfahrungen mit e-fattys im Tiefschnee voll. Als die Schneedecke noch dünn war, fuhr ich immer noch mit meinem specialized fatboy expert herum, aber als es dann über 12cm Schnee waren und später noch Triebschnee hatte, nahm ich dann mit viel Spass mein 4point8 elom zu Hilfe. Dieses brachte mich dann wirklich fast überall durch und rauf, wobei mein Modell kleiner übersetzt ist als die normalen Serien 4point8’s. Ebenfalls als sehr hilfreich erwiesen sich die absenkbare Sattelstütze und die noch ziemlich frischen ground control 4.6″-Pneus. Die absenkbare Sattelstütze war vor Allem beim Wiederanfahren im Steilen oder im tiefen Schnee absolut hilfreich.
    Die Akkureichweite war mit ca 900hm, bei viel Eigenleistung, nicht viel geringer als in der warmen Jahreszeit, wobei ich praktisch, meine etwa 2-2.5 stündigen Touren nonstop fuhr, damit dieser nicht kalt wurde.
    Danke für den tollen Bericht und Eure wertvolle Arbeit,
    Grüessle Geissi

    Antworten
    • Matt

      Hoi Geissi,

      super, danke für Deinen Erfahrungsbericht und das Lob! Deine Einsätze in der Schweiz sind ja nochmal eine ganz andere Hausnummer. Sehr schön, wenn sich Dein E-Lom da auch zuverlässig durchgegraben hat!
      Der Tipp mit der versenkbaren Sattelstütze ist ebenfalls sehr hilfreich! So haben wir das noch gar nicht ausprobiert. Aber noch liegt ja genug Schnee!

      FATte Grüße und kurzschlussfreie Fahrt

      Matt

  4. Andy

    Hallo Miteinander
    Toller Bericht. Das Cube nutrail hybrid eFat mit 4.0 Zoll macht auch im Winter mächtig Spass. Viele Skifahrer waren erstaunt darüber, wie rasch man mit einem Bike auch im Winter den Berg erklimmen kann. Wie im Bericht beschrieben ist fast bei jedem Terrain ein tolles Bikeerlebnis garantiert. Das Huradax habe ich bestellt. Nun warte ich gespannt auf die Auslieferung mitte März 2017. Ich hoffe, dass noch Schnee für den Ersteinsatz vorhanden sein wird.

    Antworten
    • Matt

      Hi Andy,

      vielen Dank für Deinen Kommentar! Cool mit dem Huraxdax EL, damit wirst Du viel Spaß haben! Und keine Sorge: das Ding macht auch ohne Schnee richtig FAT Laune. Wenn Du schon ein eFatty hast, weißt Du ja, was damit geht. Aber erst mit einem Fully (bei dem das Fahrwerk und nicht der Reifen das Mehrgewicht schluckt) kannst Du die Vorteile voll ausnutzen!
      Halt uns auf dem Laufenden!

      FATte Grüße

      Matt

  5. Peter

    Hallo,
    und ja, E-Fat ist im Winter der Hammer. Habe das Haibike SDURO Full FatSix 7.0
    Ich kann damit sämtliche Rodelstrecken und Skipisten fahren.
    Am meisten Spaß machen mir die Skitouren Strecken, dabei kann ich mir ein Grinsen nicht verkneifen, wenn ich beim überholen Dinge höre wie, „hääää…., Alter.., das gibts doch ned…, ist das ein cooles Teil….., whauuuu…… 😉
    Man kennt es noch nicht so, was für manche Bereiche noch ein Vorteil ist.
    Ich fahre den ganzen Winter, fast jeden Tag mit dem Hund oder alleine.
    Gruß aus Tirol,
    Peter

    Antworten
    • Matt

      Hi Peter,

      vielen Dank für Deinen Erfahrungsbericht! Die Kommentare kennen wir – im Gegensatz zum MTB wurden mit auf einem Fatty in Schnee noch nie blöd angeredet. Eine neue Chance auf eine friedliche Koexistenz ;). Und es macht wirklich tierisch Spaß!!
      Gute Fahrt im Schnee!

      FATte Grüße

      Matt

  6. Jürgen

    Hallo Matt, ein wirklich schöner und realistischer Bericht. Ich selbst fahre sehr gerne Fatty, fahre aber auch noch ein Specialized Levo mit E-Antrieb und 3 Zoll Bereifung, zudem meine Frau noch ein Cube E-Fatty. Auch wir haben einen riesen Spass im Winter bei Schnee mit den E-Bikes zu fahren. Die Möglichkeiten lassen kaum Wünsche offen. Immer E-Bike wollte ich nicht fahren aber hier macht es die Mischung und das Einsatzgebiet aus, auf welches Bike die Wahl fällt.
    Das mit der reduzierten Reichweite kann ich ebenso bestätigen, der Unterschied ist aber nicht dramatisch.

    Antworten
    • Matt

      Hi Jürgen,

      vielen Dank für den Kommentar! Ich glaube, Du hast gleich zwei wichtige Dinge kurz und knapp auf den Punkt gebracht: e-Bikes sind in speziellen Bereichen ein echter Mehrwert und sie sorgen für Chancengleichheit bei der Familienausfahrt.
      Wobei wir schon von Fällen gehört haben, bei denen „er“ den Kauf bitter bereut hat, weil „sie“ jetzt schneller ist als „er“ und sein Ego darunter leidet. Kein Witz. Vermutlich wünscht sich (mal wieder) so mancher die Gleichberechtigung zurück, hahahaha.
      Aber Spaß bei Seite – gute Fahrt im Schnee!

      FATte Grüße

      Matt

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