FATBike Teile, Laufräder und Reifen – oder: wie man einen Elefanten durch ein Nadelöhr bugsiert
Es ist wohl eines der ersten Dinge, die einem neuen FATBike Jünger durch den Kopf gehen: wie zur Hölle passt das Teil da rein???
Und in der Tat wird schon auf den ersten Blick klar, dass man einen FATBike Reifen wie den 4 Zoll messenden 45N Dillinger oder gar den monströsen Surly Bud 4.8 nicht einfach mal so in einen Mountainbike Rahmen pressen kann. Letzterer ist immerhin fast so breit wie eine normale Schnellspann-Hinterradnabe!
Um solche Monsterwalzen brauchbar verstauen zu können ist einiges an speziellen FATBike Teilen nötig: FATBike Rahmen, FATBike Gabeln, FATBike Naben und FATBike Felgen. Und natürlich FATBike Kurbeln. Eine Menge Zeug – ein komplettes FATBike, halt. Hier ein Überblick über die wichtigsten FATBike Teile, die Bikes zu FATBikes machen.
Aller Laster Anfang: der richtige Rahmen
Los geht's mit dem Herz eines jeden (Fat)Bikes: dem Rahmen. Marktführer hierfür sind immernoch die amerikanischen Bikeschmieden Surly und Salsa, deren Lineup wir an anderer Stelle schon vorgestellt haben.
Neben reichlich Platz zwischen den Kettenstreben ist auch ein verbeitertes Tretlagergehäuse und sowie eine erhöhte Einbaubreite für die Hinterradnabe notwendig. Dazu gleich mehr. Wegen der im Vergleich zum normalen 26 Zoll Mountainbike deutlich längeren Kettenstreben und des höheren Radmittelpunkts (Stichwort Schwerpunkt) muss außerdem die gesamte Geometrie angepasst werden. Dank des ähnlichen Raddurchmessers bewegen sich die Geometriedaten von FATBikes daher eher im Bereich typischer 29er.
„Kette rechts“ mal anders
Dieser ganze Aufwand am FATBike ist aber nur zum Teil dem Platz für den fetten Schlappen geschuldet. Denn vor allem dürfen sich Reifen und Kette nicht in die Quere kommen und das bei korrekter Kettenlinie. Spezielle FATBike Teile helfen auch hier, aber nur wenn man sie richtig kombiniert: eine breitere Innenlagerachse allein würde zwar die Kette so weit nach außen verlegen, dass sie am FATBike Reifen vorbei läuft. Aber ohne entsprechende Anpassung am Heck wäre das Schaltverhalten miserabel und der Verschleiß enorm.
Also, der gesamte Antrieb muss nach rechts rücken um wertvollen Platz für den Reifen frei zu geben! Und so kommen wir zurück auf die bereits oben erwähnten verbreiterten Achsen für Hinterradnabe und Innenlager, welche die Kettenlinie runde 2cm weiter nach rechts verlegen.
Als Standard im FATBike Bereich haben sich 100mm Innenlagergehäuse und 170 mm Einbaubreite für die Hinterradnabe etabliert. Zum Vergleich: die Nabe hat damit das Format einer Bierdose – einige von Euch erinnern sich vielleicht noch daran…
Die Maße dieser FATBike Teile gehen bereits auf frühe FATBike Versuche zurück und wurden vom FATBike Pionier Surly im Pugsley erstmals in der „Großserie“ eingesetzt.
Mit Bierdosen hat das ganze aber wenig zu tun – rechnen wir nach: 170 mm Einbaubreite minus 135 mm MTB Standardmaß macht 35 mm. Geteilt durch 2 (denn die Differenz verteilt sich als „Offset“ gleichmäßig auf beide Enden der Nabe) ergibt 17,5 mm, welche das Ritzelpaket weiter außen steht.
Beim Tretlager sind die Zahlen ähnlich, werden jedoch zusätzlich von der Wahl der Kurbel (Q-Faktor und Anzahl der Kettenblätter) beeinflusst. Inzwischen gibt es am Markt diverse FATBike Kurbeln zur Auswahl, z.B. „Mr. Whirly“ von Surly oder ein ganzes Lineup von Raceface.
Je nach verwendeten Kurbeln und Anzahl der Kettenblätter ergeben sich so Kettenlinien, die leicht Platz für 4,5 Zoll breite Reifen lassen.
Think Big: die Laufräder
Wie gesagt drehen sich die meisten FATBike Hinterräder heute um 170 mm breite Naben. Damit aber die fetten Reifen bei 0,8 bar Druck nicht in der Kurve umknicken braucht es breite Felgen, ein weiteres spezielles FATBike Teil.
Felgen gibt es in diversen Maßen, beispielsweise 65 mm (z.B. Surly Marge Lite), 82 mm (z.B. Surly Rolling Darryl) oder satten 100mm (Surly Clown Shoe). Die Breite der Felgen entscheiden maßgeblich (im wahrsten Sinne des Wortes) über die effektive Reifenbreite, da der Reifen auf einer breiteren Felge mehr Raum hat um sich zu entfalten. So hat man zusätzlich die Möglichkeit, die Reifenbreite „feinzutunen“. Allerdings sollte man auch das Gewicht im Auge behalten – breite Felge = Mehrgewicht. Okay, das war jetzt nun wirklich nichts neues…
Was die Speichenzahl betrifft sieht man immer wieder FATBikes mit 48 oder mehr Speichen. Dank der ultra stabilen Felgen, dem hohen Flanschabstand der Naben und nicht zuletzt der fetten Reifen sind 32 Speichen jedoch für normale Anwendungen und Fahrergewichte vollkommen ausreichend. Für schwer beladene Expeditionsbikes können die Extraspeichen aber durchaus sinnvoll sein.
Super Fatties
Aber auch FATBikes sehen schonmal alt aus, wenn ein Super Fatty wie das Specialized FatBoy (über das wir schon berichtet haben) auf den Platz rollt. Hier drehen sich bereits ab Werk mächtige 4,6 Zoll Schluffen – und Platz ist sogar üppig bis 5 Zoll vorhanden!
Um diese Unmengen an Gummi unterzubringen wird der Hinterbau nochmal um 2 cm aufgeweitet, was der Nabe 190 mm Platz verschafft. Oder anders: neben die Bierdose passt nun auch noch eine dicke Zigarre.
Okay, kein sehr sportlicher Vergleich, aber hey – wenn Kampfpiloten Zigarre rauchen dürfen FATBiker das erst recht!
Aber zurück zum Thema – auch die Wahl der Kurbeln schränkt sich durch die enorme Reifenbreite ein, Specialized liefert den FatBoy daher mit 2-fach Kurbeln aus.
Eine breitere Innenlagerachse würde das Problem zwar auch hier lösen. Aber zum einen haben wir so wieder das Problem mit der Kettenlinie. Und irgendwann wird der hohe Q-Faktor dann auch unangenehm – John Wayne lässt grüßen!
Federgabeln machen FATBikes zu super Smoothies
FATBikes stellen die Hersteller von Federgabeln erneut vor alt bekannte Probleme: die enorme Einbaubreite der Naben verlangt mehr Material, was sich im Gewicht niederschlägt. Und breitere Gabelbrücken tragen und nicht direkt zur Verwindungssteifigkeit bei.
Nach einige Versuchen kleinerer Hersteller betritt SRAM 2014 mit der Rock Shox Bluto die FATBike Bühne. Mit einstellbarem Federweg zwischen 8 und 12 cm bietet die Bluto etwas, das FATBikes bisher nur als Geschichten vom Lagerfeuer kennen: Dämpfung!
Ob nun ein 4.8 Zoll Reifen zusätzlich noch Federweg benötigt, bleibt jedem selbst überlassen. Nicht zu letzt nimmt eine Federgabel auch wertvolle Montagemöglichkeiten für Flaschenhalter und Gepäckträger, wie sie z.B. eine Starrgabel von Surly vorsieht.
Fakt ist aber, dass man mit einer Federgabel in Fatty auch dann keine Probleme bekommt, wenn man mal eine Kiste Bier übersieht: drüber rumpeln, anhalten, eins auf machen und gut!
Aber Rock Shox zeigt. Man muss eine Federgabel nur breit genug bauen, dann nutzt auch den FATBikern!
Unser Gesamtfazit lauter demnach: das Nadelöhr muss nur groß genug sein, dann klappt's auch mit dem Elefanten!
Hey Leute. Mit ist letztens auf einer bergachse meine hintere Achse gebrochen und ich auch die blöde durch das Internet nach einer ACHSE. Aber überall finde ich nur naben ohne Achse und weiß nach vorne und hinten nicht weiter. Bitte helft mir. Wo bekomme ich eine ganz normale steckachse her? >.<
Gute Frage, welches FATBike fährst du denn? Hast du einen 197mm oder 177mm Hinterbau? Frag vielleicht mal bei deinem Händler resp. Bikehersteller an.
Viel Glück, Dan
Moin
Blöde Frage aber ist es möglich aus einem normalen MTB Rahmen einen Fatbike Rahmen zu machen? Vorne evtl. nur eine passende Gabel und hinten verbreitern, sodass eine passende Narbe u Reifen reinpassen? Ist wahrscheinlich zu aufwendig und die Festigkeit leidet wohl auch darunter, oder?
Gruß Sven
Hey Sven, so blöd ist deine Frage nicht, denn so haben sich die Jungs aus Alaska auch zum teil geholfen vor vielen Jahren. Das Problem dabei ist allerdings, das es dir dein nicht danken wird was die Stabilität angeht, die Kettenlinie wird ein Problem und auch die Reifenfreiheit so nah am Innenlagergehäuse. Wir würden davon abraten. FATte Grüße, Dan