Es ist nun schon wieder einige Zeit her, seit wir in unserer Rubrik MeinFATBike einen Protagonisten im Fokus hatten. Unsere Vorstellung von ausgefallenen Titan FATBikes vor einigen Tagen brachte Bernhard auf den Plan, er schrieb uns und sandte uns ein Bild eines individuell aufgebautem FATBike Titan Tandem, vom dem wir sofort begeistert waren. FATBike und Titan zu kombinieren ist schon mehr als ein Traum, aber FATBiken dann auch noch mit seiner Partnerin / seinem Partner teilen zu können, Grund genug Bernhard das Wort zu übergeben.
Bikes und ich – der Hintergrund
Als ich 1996 den Auftrag erhielt, eine Porsche Bike Modellreihe zu entwerfen, wusste ich nicht, wie sehr mich das Thema Radsport nun auch von der technischen Seite in den Bann ziehen würde.
Als aktiver Radsportler hatte ich seit jeher den Anspruch, dass meine Bikes – egal ob Rennrad oder MTB – meinen technischen Ansprüchen und den Belastungen genügen sollten. Nach ersten Kontakten zu reinen Serienprodukten begann ich sukzessive meine eigenen Ideen umzusetzen. Zunächst durch Tuning auf Basis von Serienteilen und den Bau von Laufrädern. Schließlich wollte ich den Identifikationsgrad mit meinem Sportgerät auf ein Maximum bringen.
Ende der 90iger Jahre war es dann – eher Zufalls bedingt – soweit. Im Unternehmen als eingefleischter und technisch versierter Radsport-Freak bekannt, erhielt ich den Auftrag, ein Porsche Bike Projekt auf die Beine zu stellen.
Für das Porsche Projekt konnte ich nach vielen Kontakten zu namhaften Herstellern die Fa. VOTEC für die Entwicklung gewinnen. Deren Prototyp beinhaltete so ziemlich alles, was ein Bike mit maximalen Alleinstellungsmerkmalen haben sollte. Die Rahmenform und Rohrlinien haben wir dann gemeinsam optimiert (Lutz Scheffer war damals mit im Team), so dass sie den Designansprüchen gerecht wurden.
Im weiteren Projektverlauf lernte ich so auch viele Hersteller kennen und erhielt dadurch einen tiefen Einblick in die Fahrradbranche mit all seinen Möglichkeiten, aber auch seinen Unzulänglichkeiten.
Spannend war und blieb für mich aber immer – auch nach Abschluss des Projekts Anfang 2000 –, zu verfolgen, wie sich die Themen – egal ob Rahmenbau oder Komponenten – über die Jahre entwickelten. Vieles, was mit einem Werbe-Hype vorgestellt wurde, kam nie in Serie oder verschwand nach kurzer Zeit wieder (Mavic Mektronic Funkschaltung, Shimano Druckluftschaltung……) Vieles, was entwickelt wurde, wurde am Kunden vorbei entwickelt. Viele Hersteller suchen – bis heute – Differenzierungsmerkmale zu Mitbewerbern, egal, ob sinnhaft oder nicht.
Im Rahmenbau wurden Kinematiken in die CAD-Rechner gezeichnet und die Komplexität der Dämpfer und Federgabeln erreichte ein nicht mehr zu überbietendes Maß.
Sinnvolle Fahrwerksabstimmungen blieben dann auch nur den absoluten Technik-Freaks vorbehalten. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sowohl Gabel als auch Dämpfer bei vielen einmal eingestellt wurden und so belassen wurden, obwohl die Einstellvarianten vielfältige waren.
Ich habe nie verstanden, warum jede Techniksau durchs Dorf getrieben werden musste, obwohl der „gemeine“ Kunde nur eines wollte: Ein Fahrwerk, das einfach einzustellen und schnell – am besten vom Cockpit aus – zu bedienen war. Mittlerweile scheint nach vielen Jahren der Trend – zumindest in diesem Punkt – in die richtige Richtung zu gehen.
Ein nach wie vor ungelöstes Problem ist die Ersatzteilversorgung aus diesen Technikhypes. Freaks, die das Tempo mitgingen, sitzen jetzt auf Bikes und Bauteilen, für die es keine Ersatzteile mehr gibt. Ein Trend, der durchaus anhält. Nicht immer ist jede Elektronikwelle oder jeder Integrationsansatz von Bauteilen ein sinnvoller Schritt.
Ein weiteres, immer mehr um sich greifendes Szenario ist, dass es mittlerweile in fast jedem Bauteil-Sektor unzählige, sogenannte Standards gibt. Das fängt bei den Steuersätzen an, geht über Innenlager bis hin zu Achsbreiten und Laufradgrößen. Jedem einigermaßen betriebswirtschaftlich denkenden Fahrradhändler stellen sich die Haare zu Berge. Und – ach ja – dazu noch das e-Bike-Thema.
Aber gut, das ist ja nicht mein Anliegen, treibt mich aber dennoch um.
Mein erster Kontakt zu Fatbikes
Als ich dann 2014 die ersten Fatbikes live auf der Eurobike gesehen habe, war mir schnell klar, dass dieser Typus seine Fangemeinde finden wird. Nachdem sich alle Welt in die Diskussionen um die Laufradgrößen verstrickt hatte, war es geradezu wohltuend, die Spezies der Fatbikes an dem einen oder anderen Stand beäugen zu können.
Schnell war ich von dem Virus Fatbikensis infiziert. Die ersten Probefahrten offenbarten zunächst auf Grund der etwas größeren „Trägheitsmomente“, dass es sicher keine Leichtläufer sein werden, aber ungeahnte Traktion im Gelände versprachen. Nicht ganz unkritisch empfand ich die Frontfederung, denn der Reifen hat ja eher nur begrenzte Federungsressourcen und bounct eben so raus wie er in die Bodenwelle gepresst wurde. Das aber, konnte nach meinem Empfinden geändert werden.
Die FatForx-Idee
Mit der Idee einer Fatbike Gabel (FatForx) ging ich zu Jürgen Steiner, der die im Rahmen des Porsche Projekts eingesetzte VOTEC-Doppelbrücken-Federgabel weiterentwickelt hatte. Schnell konnte ich ihn überzeugen, dass neben der Einfachheit der Gabeltechnik insbesondere auch die äußere Erscheinungsform der Gabel geradezu ideal zu Fatbikes passen würde.
Gesagt getan. Für die Umsetzung haben wir uns auf rote Eloxalteile in Verbindung mit Carbon-Rohren und einer 15 mm Steckachse (auch 20 mm sind möglich) verständigt. Die ersten Probefahrten (wir hatten die Prototypengabel in mein SALSA Beargrease 1. Generation eingebaut) verliefen sensationell, bedeuteten aber auch die Festlegung auf den 142 mm Vorderachsstandard, der mittlerweile auf 150 mm adaptiert werden kann.
Die Gabel von Jürgen Steiner in der „Normalversion“ hatte ich bereits 2012 in unser voll gefedertes Juchem MTB-Tandem eingebaut, wo sie exzellente Dienste verrichtet. Für mich die besten Tandemgabel, die derzeit auf dem Markt ist und vor allem für diesen Zweck uneingeschränkt anwendbar ist.
Das Fatbike Tandem Projekt
Meinen Tandem-Virus und den Fatbike Virus wollte ich nun in einem Fatbike Tandem zusammen bringen. Also recherchierte ich umfangreich im Internet, fand aber nichts, was meinen Ansprüchen gerecht werden konnte. Also kam ich zu dem Schluss, mir ein individuelles Fatbike-Tandem nach meinen Vorstellungen bauen zu lassen. Nach ersten Kontakten zu verschiedenen Herstellern schien mir die Fa. SKYDECOMP in Frankreich dafür geeignet zu sein, weil sie den Schwerpunkt auf Titanrahmen gelegt haben und die Produkte exzellent verarbeitet sind. So traf ich mich mit zwei Vertretern von SKYDE auf der Eurobike 2015 und wir besprachen die erste technische Richtung. Gleichzeitig stellte ich ihnen ein Hinterrad mit Steckachsen-Spanner zur Verfügung, weil sie bis dato lediglich konventionelle Schnellspanner-Lösungen umgesetzt hatten. Nicht unerwähnt soll bleiben, dass die gesamte Entwicklungszeit nunmehr auf Französisch stattfinden sollte. Die Auffassung der Franzosen, was Projektarbeit und Meilensteine anging, war eher vage ausgeprägt und entsprach eher einer auf Rotwein basierenden Arbeitskultur. Immer wieder schrieb ich mir die Finger blutig, um das Momentum in Richtung Fertigstellungstermin aufrecht zu erhalten.
Hauptaugenmerk hatte ich auf einen variablen Hinterbau gelegt, bei dem sowohl eine konventionelle Kettenschaltung wie auch eine Rohloff-Schaltung verbaut werden konnte. Sogenannte Sliding Dropouts stellte diese Variabilität sicher.
Zusätzlich wollte ich die Synchronkette auch rechts positionieren, um bei der Kurbelauswahl einigermaßen unabhängig zu sein. Ehrlich gesagt, Tandemkurbeln für ein normales Tandem sind schon schwer zu finden, so dass ich mich bei den Fatbike-Kurbeln sowieso keiner Illusion hingab. Mit der SURLY McWhirly fand ich jedoch ein passende Kurbeln, mit denen ich (nach Umbau) den Einfachantrieb (30 Kettenblatt) und die Synchronkette rechts realisieren konnte. Beim Antrieb vertraute ich auf die bewährte Mechanik des 11-fach Shimano XT-Antriebs mit einer 46er Kassette.
Immer mit einem Blick auf die Waage und auf das Design, d.h. das optische Erscheinungsbild in Verbindung mit einem klaren Gewichtsziel unter 20 Kg ging es nun daran, die restlichen Komponenten auszuwählen. Die FatForx von Jürgen Steiner war gesetzt. Bei den Laufräder kam ich recht schnell auf NEXTIE, die als einziger Hersteller einigermaßen bezahlbare 3-Speichen Carbon Monocoque-Laufräder anboten. Allerdings musste ich diese aus China importieren und wurde so auch zum ersten Mal mit dem Thema Strafzoll konfrontiert. Während Felgen und sonstige Carbon-Teile Strafzoll frei sind, werden Komplettlaufräder mit einem nicht unerheblichen Strafzoll belegt. Okay, dachte ich und biss in den sauren Apfel. Habe aber den Invest nie bereut, denn die Optik ist m.E. sensationell und das Gewicht schlicht unschlagbar.
Gebremst wird mit BrakeforceOne H2O-Scheibenbremse und Ashima 203 mm Bremsscheiben. Abgerundet wird der Laufradsatz mit MAXXIS Mammoth 4 Zoll Reifen, was mir von der Dimension her ausreichend erschien und für gute Lenkeigenschaften sorgen sollte. Dies hat sich auch bei den ersten Testfahrten voll bestätigt.
Der Rest war dann Leichtbau orientiert, so das Renthal Cockpit für Captain (inkl. Renthal Vorbau) und Stoker mit Ergon Race Griffen, Titan Sattelstützen und Ergon Sättel, die aus optischen Gründen den Vorzug vor den zuerst montierten Tune Speedneedle Sättel erhalten haben. Offene Baustelle ist noch der Stoker-Vorbau, der aktuell noch ein Serienteil von ControlTech ist, aber demnächst einer einteiligen, leichten Titan-Lösung weichen wird.
Als Namen für mein Projekt und damit auch die Basis für eine spätere Kleinserie habe ich „TwinSForce“ gewählt und gleichzeitig auch das Attibut [fat]astic mitgegeben.
Gesamtgewicht (ohne Pedale) liegt bei 19,9 kg. Somit habe ich meine Gewichtsvorgabe sehr gut erreicht. Mit dem neuen Stoker-Vorbau aus Titan wird sich das Gewicht noch etwas reduzieren.
Das Fahrerlebnis ist gigantisch, wenngleich wir mit dem Reifendruck doch etliche Fahrten absolvieren mussten, um insbesondere für den Stoker die bestmöglich Federung zu erzielen und den Schleudersitzeffekt weitestgehend zu eliminieren. Die 100 mm Federweg erlauben am Vorderrad einen höheren Druck, was sich extrem positiv auf die Kurvenstabilität auswirkt.
Mit dem Fatbike fahren wir gerne im Stromberg Gebiet und freuen uns über jeden Schotter- und Wiesenweg, weil das ein Eldorado für das Fatbike ist. Singletrails werden gerne genommen, weil das Fatbike eben „fat“ auf dem Trail liegt und wir spurtreu durchsegeln können. Alternativ sind wir auch gerne in den Löwensteiner Bergen unterwegs. Ein tolles Revier für Singletrail-Fans.
Auf unseren Fahrten werden wir permanent angesprochen, denn Tandems per se sind ja schon selten, ein Fatbike Tandem aber eben ganz speziell.
Das Ganze war ja letztendlich die Umsetzung einer meiner Träume, daher habe ich nicht wirklich auf jeden Groschen geschaut. Insgesamt stehen aktuell ca. 8.000 EUR in meinen Büchern. Der Rahmen ist mit rund 3.000 EUR das finanzielle Herzstück, gefolgt von ca. 1.900 EUR für Laufräder.
Der Tandem Transport
Für den Transport unserer Tandems nutzen wir unseren Seat Alhambra (7-Sitzer), den ich mit einem „Inside“-Biketräger System der Fa. Radstand (www.radstand.de) ausgerüstet habe. Radstand bietet so ziemlich alle Möglichkeiten an, Bikes oder Tandems in dafür passenden Fahrzeugen zu transportieren. Dazu ist lediglich der Ausbau des Vorderrads notwendig. Verschiedene Achssysteme sowie Zurrbänder sorgen für eine leichte, aber sichere Verstauung unserer Tandems im Fahrzeuginneren.
Zusammengefasst
Insgesamt ein tolles Projekt, das ich jederzeit wieder machen würde, vielleicht aber mit einem Hersteller, der des Englischen fähig ist, ein besseres technisches Verständnis für das Thema Fatbike Tandem hat und dasselbe Verständnis für den Ablauf eines Projekts hat wie ich. Das würde ein derartiges Projekt doch erheblich erleichtern. Mittlerweile habe ich bereits neue Kontakte geknüpft, die großes Interesse an einer Fortsetzung des Projekts im Sinn einer Kleinserie haben. Darüber hinaus bestehen Kontakte zur amerikanische Fa. Lightningbikes, die in der Lage sind, spezielle Carbon-Tandem Kurbelsätze (1-fach-Antrieb und Synchronkette rechts) zu fertigen. Das würde den bestehenden Kurbelengpass deutlich entspannen (allerdings nicht den Geldbeutel) und hätte den Vorteil, dass das Gewicht nochmals erheblich nach unten gehen würde.
Was bleibt?!
Ein FATtes Titandem würden wir sagen. Geiles Projekt, dafür gibt's doppelt Respekt! Die Zusammenfassung hat Bernhard zwar eigentlich schon gegeben, aber das musste nochmal von unserer Seite gesagt werden! Vielen Dank an Bernhard, für diese Story!
Und falls auch ihr Euer Bike hier vorstellen möchtet dann her damit! Dabei ist es völlig egal, ob Ihr auf einem lange ersehnten Bike im Serienzustand sitzt oder einen komplette Custom Aufbau habt! Schreibt uns an mail@fat-bike.de.
Es hätte wirklich genügt, sich auf das Bike zu beschränken.
Die persönliche Vita ist meiner Meinung nach hier fehl am Platz und macht den Bericht doch arg langatmig…
Ich denke, die Redaktion wird schon abgewägt haben, was sie ins Internet stellen und was nicht. Wenn Dich lediglich die Tandem Story interessiert, dann kannst Du dir doch die Freiheit nehmen, nur diesen Teil zu lesen. Bleibt doch schließlich jedem überlassen, sich den passenden Teil der Story rauszupicken.
Dann lies es doch nicht!!!!! Geh’doch einfach biken….
… auch von mir Respekt fuer das bike und den Bericht… Danke…