Innovationen beim FATBike sind selten, und 27.5 FAT ist auch kein wirklich neues Format. Aber das Interesse ist größer als je zuvor – erst vor kurzem hat Canyon den beliebten Dude als 27.5 FAT re-launched. Dabei war unser letzter Ausflug in die Welt der Riesenräder eher mal Kategorie Reinfall. Ist 3.8 Zoll Breite noch FAT? Gute Frage. Womit wir beim Maxxis Minion 27.5×3.8 wären, dem schmalbrüstigen Geschwisterpaar des mächtigen Minion FBF/FBR 4.8. Wir haben die Gelegenheit des neuen Dude gleich für einen ausführlichen Test der Maxxis Pelle genutzt. Sind wir nun endlich von 27.5 FAT überzeugt? Lest selbst!

Der Maxxis Minion 27.5×3.8 im Detail

Alles Wichtige auf einen Blick

Dem Maxxis Minion 27.5×3.8 haben wir eine ganze Weile nachgejagt, und nun ist er uns ganz nebenbei in die Hände gefallen. Die Schlappen tragen für Vorder- („FBF“) und Hinterrad („FBR“) jeweils eigene Frisuren und bringen alles mit, was einen top Reifen ausmacht: Tubeless Ready, 120 TPI Karkassen EXO Protection und einen wirklich absolut bilderbuchmäßigen Rundlauf. Wir hatten die Reifen ja bereits in unserer großen 27.5 FAT Reifenübersicht vorgestellt, hier aber – weil's bequemer ist – nochmal alle Daten in unserer beliebten TIRE-IN-A-BOX Zusammenfassung:

TIRE-IN-A-BOX (Drück mich!): Maxxis Minion FBF 27.5x3.8

Werte auf einer 80mm Felge

Gewicht 1.480 Gramm
Umfang 2.345mm
Höhe (ab Felgenhorn) 73mm
Breite 93mm
Anzahl Stollen 504 (36 Cluster á 14 Stollen)
Höhe Mittelstollen 4,5mm
BB Höhe Schulterstollen 4,5mm
TPI / TLR 120 / Ja

TIRE-IN-A-BOX (Drück mich!): Maxxis Minion FBR 27.5x3.8

Werte auf einer 80mm Felge

Gewicht 1.280 Gramm
Umfang 2.343mm
Höhe (ab Felgenhorn) 73mm
Breite 93mm
Anzahl Stollen 360 (36 Cluster á 10 Stollen)
Höhe Mittelstollen 4,5mm
BB Höhe Schulterstollen 4,5mm
TPI / TLR 120 / Ja

Die damals ermittelten Gewichte stimmen mit den jetzt getesteten Reifen überein. Hat man ja auch nicht immer.

Groß. Schlank. Leicht?

Wir werden immer wieder gefragt, ob ein drei/achter Reifen überhaupt noch FAT ist. Und die Kommentare sprechen da zum Teil eine recht eindeutige Sprache. Aber gut – auch, wenn sie in einem 190mm Hinterbau ein Stück weit verloren wirkt, ist so eine 3.8″ Wurst immer noch etliche Zentimeter dicker als ein Scheibchen MTB Reifen. Also ja. FAT. Wenn auch nicht aus dem Vollen geschöpft.

Maxxis. Laut und deutlich.

Nun möchte man ja meinen, dass so ein schlacksiger drei/achter mit bestenfalls mäßig prächtigen Stollen so richtig Gewicht spart. Aber weit gefehlt. Mit gut 1,5kg ist vor allem der Maxxis Minion 27.5×3.8 FBF Vorderreifen ein echter Wonneproppen. Zum Vergleich: der wohl am meisten verbreitete Reifen im Bereich vier/null, der Schwalbe Jumbo Jim 4.0 Snake Skin kommt mit um die 1.100 Gramm aus. Da kann nichtmal der, immerhin etwas leichtere, Maxxis Minion 27.5×3.8 FBR mithalten.

Wir sind die Minions!

Schub von hinten: Minion FBR

Aber – auch, wenn diese Meinung jetzt nicht jeder teilen mag – es geht im Leben nicht immer nur um Gewichte… Erfahrungsgemäß sind leichte Reifen schließlich auch anfälliger für Pannen. Profilseitig ist der drei/achter ein echter Minion. Zwar fallen die Stollen deutlich kleiner aus, als beim großen Bruder, aber das Profil ist genauso aggressiv ausgelegt. Grip und Selbstreinigung, das soll es sein! Auch die übrigen Werten sind mit dem dicken Minion auf Augenhöhe: feine 120 TPI Karkasse, EXO Protect und Tubeless Eigenschaften sind hier ebenfalls an Bord. Gerade der Durchschlagschutz „EXO Protect“ hat sich im Alltag bewährt. Wir sind die Minions. Was kann da noch schief gehen?

Maxxis Minion 27.5×3.8 – let it roll!

Lenkrakete: der Maxxis Minion 27.5×3.8 FBF

Aber weil alle schnöde Theorie nichts bringt, haben die Pellen natürlich – lustvoll – über den Planeten gejagt. 0.5 Bar drauf und Feuer frei. Erster Eindruck: der rollt … jetzt gar nicht mal sooo furchtbar gut. Sagen wir so: wir hatten mehr erwartet, aber der Maxxis Minion 27.5×3.8 hält beim Rollwiderstand einen merklichen Respektsabstand zum Jumbo Jim 4.0. Aufgrund der geringen Bauhöhe und der damit verbunden Neigung, dass Wurzeln und Steine auch eher mal bis zu Felge durch kommen, haben wir die Reifen testweise auch mit bit zu 0.6 Bar gefahren. Dann rollen sie leichter, Komfort und Grip leiden aber im Gegenzug noch mehr. Deutlich bessere Noten gibt's beim Self Steering, welches – ausreichend Druck vorausgesetzt – nicht spürbar ist. Allerdings reagiert der Reifen (wie die meisten) empfindlich auf zu wenig Druck, bei 0.4 Bar lenkt er schon merklicher mit.

Das Profil des Vorderreifens FBF

Der Fahrkomfort überrascht wenig: der Maxxis Minion 27.5×3.8 ist eher was für Hartgesottene. Die relativ geringe Bauhöhe und der notwendigerweise recht hohe Betriebsdruck verlangen ihren eben Tribut. Vom fluffig-satten Fahrgefühl des Minion 4.8 (oder jedes anderen vier/achter Reifens) bist du hier doch ein ganzes Stück entfernt…

Überzeugt? Der Trail Test.

Wenn du den Maxxis Minion 27.5×3.8 beherzt auf einen Single Trail loslässt, musst du erstmal umdenken. Er lenkt deutlich direkter und präziser ein als eine richtig FATte Pelle, verzeiht aber auch keine Fehler.

Der FBF nochmal im Detail

Wenn du nur unvorsichtig genug über den ersten Wurzelteppich bretterst, hast du schneller Flickzeug in den Händen, als dir lieb ist. Auch die Federgabel, so vorhanden und technisch dazu in der Lage, braucht Feintuning: an der Manitou Mastodon Pro unseres Testbikes haben wir praktisch alle Einstellungen incl. dem Luftdruck anpassen müssen bevor Gabel und Reifen optimal miteinander arbeiten.

Das Profil des Hinterreifens FBR…

Das Ergebnis kann sich aber sehen lassen: der Maxxis Minion 27.5×3.8 FBF klebt sauber am Boden, setzt Lenkbefehle rasiermesserscharf um und beißt zuverlässig zu. Auch kleine Zähne können eben weh tun. Vom Grip klassischer FATBike Reifen ist er dennoch ein gutes Stück entfernt – die niedrigen Stollen, seine geringere Auflagefläche und vor allem der hohe Betriebsdruck setzen die Grenzen.

…und nochmal im Detail

Und so mochte dann bei unseren Testrides nie so wirklich ungetrübte Freude aufkommen. Das unheimlich direkte und spurtreue Lenkverhalten, was uns auch schon bei anderen 650 FAT Reifen aufgefallen ist, macht zwar Laune. Das kommt schon fast an ein klassisches MTB ran. Aber du hast einfach viel Masse weiß außen am Rad, so wirkt das Ganze dann doch immer irgendwie bekannt schwerfällig. Und der überschaubare Abrollkomfort macht den Vollblut FATBiker auch nicht direkt glücklich. Wobei das klar eine Frage des Geschmacks ist – viele Biker bevorzugen ja einen eher direkten, harten Reifen.

Was bleibt?

Die Minions in ihrem neuen Zuhause, dem 2021er Canyon Dude

Der Maxxis Minion 27.5×3.8 ist ein durchdachter und sehr gut gemachter Reifen. Nur werden wir einfach nicht so recht warm mit dem 650 FAT Format bzw dessen von der Werbung beschworenen Vorteilen. Der Maxxis Minion 27.5×3.8 lenkt extrem präzise, aber das wars dann auch schon wieder. Dass er angeblich noch leichter über Hindernisse rollt (weil er ja mehr Abrollumfang hat) ist eher ein theoretischer Wert aus dem Repertoire findiger Werbestrategen. Bei Rollwiderstand und Gewicht kann er guten Reifen der vier/nuller und vier/achter Klassen kein Wasser abgraben. Vom Komfort und Traktion ganz zu schweigen. Sagen wir so: mit dem Maxxis Minion 27.5×3.8 kannst du dein Fatty vom Fahrverhalten her ein wenig mehr in Richtung Standard MTB bringen. So wirklich sinnvoll erscheint uns das aber nicht. Wer bereits ein 650 FAT Bike hat, macht mit dem Maxxis Minion 27.5×3.8 nichts falsch. Eine Umrüstung rechtfertigt unserer Meinung nach aber auch dieser Reifen nicht.

13 Responses

  1. Micha

    Servus Matt,
    bin zwar etwas spät dran mit meinem Senf dazu, aber es wird wohl so sein wie du schreibst, der nächste Blindgänger am Fahrradhimmel der gleich wieder weg ist. Es ist langsam eine Frechheit der Hersteller jedes Jahr am MTB Markt ne neue Sau durchs Dorf zu treiben. 26″ 29″ 27,5 27,5+ 650B, Fatbike, grad sind Gravelbikes das Grösste und jetzt wieder so ein Zwischending. Und nach paar Tagen wird alles wieder fallengelassen und du kriegst keine Ersatzteile mehr. Hast ja jetzt schon mal Wartezeiten auf Ersatzteile da hättest früher deinen Trabbi eher bekommen. Nicht mehr schön was die Bikeindustrie so treibt, nur noch alles Nischenserien, ein Jahr gehypt und dann wieder weg. Kauf dir jedes Jahr unser neuestes und wenn die Reifen runter sind ab ins Alteisen… Wir Fatbiker werden da wohl als erstes hinten runterfallen – zumal ja schon Gerüchte rumgehen das Maxxis die 26er FatMinions schon einstellt. So, genug gekotzt aber so wird`s wohl werden. Grüssle Micha

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    • Matt

      Hi Micha,

      danke für deinen Kommentar! Sehen wir ähnlich bzw. genau so. Die Bikebranche scheint an ihren kurzen Modellzyklen (jedes Jahr neues Bikes) und Produktlebenszeiten förmlich zu ersticken. Dass man im Moment vieles nur noch schwer oder gar nicht mehr kaufen kann liegt ganz sicher auch zum daran, dass einfach viel zu viele Varianten in entsprechend kleineren Stückzahlen produziert werden müssen. Mal sehen, wie lange das noch gut geht und vor allem, wie lange die Kunden das noch mitmachen. Denn besonders ärgerlich ist ja, dass Bikes einem unfassbaren (und meistens technisch kaum zu rechtfertigenden) Wertverlust unterliegen – eben weil sie bereits nächstes Jahr technisch schon wieder zum Altmetall definiert werden. Schauen wir mal…

      FATte Grüße

      Matt

  2. heino

    Danke für eure kritische Produktprüfungen und ehrliche Einschätzungen! Nehme ich immer gern zur Kenntnis 🙂

    Antworten
    • Matt

      Servus Heino,

      vielen Dank für deinen Kommentar, das hören wir gern!

      FATte Grüße

      Matt

  3. Uwe Trettin

    # Autosteering Jumbo Jim:
    Problem ist bekannt, aber tolerabel .
    Bei 0,35 im Gelände ist der Grip maximal. Wenn ich in der Stadt unterwegs bin , nehme ich den Druck allerdings höher . Rollt leichter und man kann E-Biker entspannt überholen 😉

    Antworten
  4. Stephan

    Den Jumbo Jim als „Meister Reifen“ zu klassifizieren und den Minion da schlechter aussehen zu lassen, finde ich ganz schön grenzwertig. Sobald es bißchen feucht wird, ist der Jumbo Jim echt gefährlich. Ist es trocken, rollt er klar aber auch beim kleinsten scheiss hast nen Platten. Beim Maxxis nicht… Und zur Breite: auf ner 80er Felge ist der 4.0 Jumbo und auch mein Lieblingsreifen die gute Van Helga, scharf gemessen, auch „nur“ ein 3.8er… Und noch ne kleine Überlegung für nen Test: vorne und hinten Maxxis minion Fbr!!! Ich finde das funzt…
    Mfg

    Antworten
    • Matt

      Hi Stephan,

      danke für den Kommentar. Vielleicht haben wir uns da misverständlich ausgedrückt – der Jumbo Jim ist der am meisten verbreitetste Reifen und taugt daher als Vergleich: fast jeder ist den schonmal gefahren. Dass er beim Grip nicht viel taugt, bemängeln wir auch immer wieder. Wobei das mit Addix etwas besser geworden ist. Referenz ist er nur beim Rollwiderstand, da ist er unerreicht.
      Trotzdem hinkt der Vergleich hier nicht. Denn auch der Maxxis ist vom Grip her alles andere als ein Überflieger. Der leidet vor allem darunter, dass man ihn so verdammt hart aufpumpen muss damit nichts durchschlägt. Druck tötet Traktion… Den hier getestet Reifen kann man nicht mit dem Minion 4.8 vergleichen, zwischen den beiden Reifen liegen bei der Traktion nicht Welten, sondern Universen.
      Das mit der Referenz mache ich das im Artikel nochmal klarer 🙂

      FATte Grüße

      Matt

  5. Patrick Luckas

    Hi!

    eine ganz blöde Frage… wenn ich das auf den Fotos richtig sehe, sind die 27.5er Minions auf einer DT Swiss BR 2250 Felge aufgezogen!? Die Felge hat doch 26 Zoll… wo ist jetzt mein Denkfehler??

    LG, Patrick

    Antworten
    • Dan

      Hi Patrick,
      so blöd ist die Frage gar nicht! Tatsächlich hat DTSwiss mit dem neuen und momentan nur exklusiv bei Canyon erhältlichen 27,5″ FATBike Laufradsatz einfach genauso benannt wie den 26″ LRS. Der Name kommt ursprünglich übrigens vom Gesamtgewicht des Laufradsatzes, 2.250 Gramm. Hier im Artikel siehst du also 27,5″ Minion-Reifen auf 27,5 Zoll DTSwiss Felgen.
      FATte Grüße,
      Dan

    • Uwe Trettin

      @ Matt : Was den Druck beim 4,8 Minion angeht : ich fahre bei 82 kg 0,35bar vorne , 0,45bar hinten . Durchschlag oder Snakebite hatte ich damit noch nicht . Mit dem Grip bin ich gut zufrieden.
      Der Jumbo Jim ist für griffigen trockenen Untergrund auch ok . Druck fahre ich identisch.

      Lediglich auf Straßen erhöhe ich den Druck für weniger Rollwiderstand

    • Matt

      Hi Uwe,

      danke für den Kommentar. Hast Du bei 0.35 vorn mit dem JJ keine Probleme mit Autosteering?
      Der vier/achter Maxxis ist in Sachen Grip ja eine Legende, einer der besten Reifen, die wir je hatten.

      FATte Grüße

      Matt

  6. Uwe Trettin

    Als Tourenfahrer bin ich mit 26×4,8 absolut glücklich ; Kleinkaliber auf 27,5 bringt mich nicht weiter .

    Antworten
    • Matt

      Hi Uwe!

      „Kleinkaliber“ – wie geil!! Muss ich mir merken 🙂

      FATte Grüße

      Matt

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