Wenn du auf der Suche nach einem wirklich außergewöhnlichen FATBike bist, deinen FATBike Horizont erweitern willst oder einfach mal wieder staunen möchtest, dann solltest du diesen Artikel zum Pole Taiga unbedingt zu Ende lesen. Um dieses Testbike haben wir uns lange, wirklich sehr lange bemüht. Bestimmt ein Jahr… Und das Warten hat sich gelohnt. Das Pole Taiga ist anders, so richtig anders. Wie von einem anderen Stern, und hat uns gerade deshalb begeistert wie nur wenige Andere in den letzten 5 Jahren (!!!), in denen wir FAT-Bike.de sind. Ja, ihr dürft uns gratulieren 😉
First Contact. Ruf die Pole-izei!
Aber mal weg von der Eigenwerbung. Im FATBike Bereich haben sich ja inzwischen durchaus gewisse Standards gebildet. Und selbst in unserer Nische gibt es sowas wie Mainstream – am Ende sind heute alle gängigen Fatties im Wesentlichen irgendwie gleich. Oder zumindest sehr ähnlich. Aber die Finnen kennen kein „gleich“, und das nicht nur weil sie in einem Land leben, in dem es mehr Saunen als Einwohner gibt und Heavy Metal als Volksmusik gilt. Vorurteile auf FAT-Bike.de? Wer weiß… Dafür hier ein Fakt: Finnland ist verdammt cool! Zurück zum Mainstream bzw. seinem Gegenentwurf, den wir im Karton aus Finnland gefunden haben… Als hätte ihn der Weihnachtsmann, der, laut meiner Oma, auch in Finnland wohnt, eigenhändig gepackt! Dieser samtweiße Rahmen, die ultra FATten Reifen. Meine Güte!
Und wir waren mit unserer Begeisterung nicht ganz allein – das „unboxing picture“ auf unserem Instagram Channel war einer unserer erfolgreichsten Posts überhaupt! Pole bietet das Taiga inzwischen sogar in verschiedenen Farben an, aber keine hat uns so geflasht wie „Suomi 100“. 100% Finnland – ein Rahmen im matten Weiß frisch gefallenen Schnees, darauf Schriftzüge im tiefen Blau eines Finnischen Gletschers. Dabei erinnert uns die Schrift in Form und Farbe stark an den bekannte „Police“ Schriftzug nordamerikanischer Ordnungshüter. Kommt saugut! Der Blick schweift über schnurgerade Rohre und Schweißnähte in Bilderbuch-Qualität.
Der rasiermesserscharf gezeichnete Rahmen, in unserem Fall eine „L“, versteckt seine schiere Größe gekonnt hinter den übermächtigen VeeTire SnowShoe 2XL Reifen. Das Pole Taiga beeindruckt. Auf den ersten Blick!
Schick verpackte Einzigartigkeit
Wir bleiben noch eine Weile beim Rahmen, welcher in vieler Hinsicht finnisch einzigartig ist. Wichtig: hier passen fünf/nuller Reifen zur Abwechslung wirklich mal problemlos. Das von Steuerrohr bis zur hinteren X-12 Steckachse untypisch schnurgerade durchgezogene Oberrohr erlaubt eine nahezu artistische Bewegungsfreiheit, welche natürlich mittels einer Dropper Post noch erweitert werden kann.
Wie es sich für ein ernst zu nehmendes FATBike gehört, werden alle Züge durchgängig (und wartungsfreundlich außen am Rahmen) verlegt und es gibt an sprichwörtlich jeder Ecke die Möglichkeit, nützliches und unnützes Zubehör anzuschrauben. Dabei ist der Rahmen so robust und solide gemacht, dass man unweigerlich auch nach einer MG-Lafette für das Finnische Militär sucht… Der matte Lack ist im Schnee die perfekte Tarnung und darüber hinaus einfach nur herrlich.
Alte Formen neu interpretiert
Das wirkliche Highlight ist aber die extreme Geometrie. Unsere Rahmenhöhe „L“ kombiniert ein relativ kurzes 48cm Sitzrohr mit einem enormen Reach von 490mm, an dessen vorderen Ende ein 780mm breiter Lenker lauert. Der Sitzwinkel ist mit 75,5° sehr steil und der Lenkwinkel mit nur 66° so extrem flach, wie man es sonst hauptsächlich im Enduro oder sogar DH Bereich findet. Damit der riesige Reifen ein geräumiges Zuhause findet sind satte 470mm Kettenstreben an Bord.
Und das alles summiert sich zu einem irren Radstand von 1.270mm. Einmetersiebenundzwanzig – dieses Bike ist länger als die Polarnacht! Mit dieser Geometrie ist das Pole Taiga in etwa so exotisch wie ein Einhorn. Auf dem Mond. Kein anderes Fatty kommt auch nur annähernd in diese abgefahrenen Bereiche!
Hart oder zart? Du hast die Wahl!
Das Pole Taiga gibt es als Rahmenset oder Komplettbike mit Starr- oder Federgabel. Der Aufbau der Bikes ist identisch, ist jedoch eine Rock Shox Bluto an Bord, wird der Reifen auf einen sozialverträglichen SnowShoe XL 4.8 reduziert. Um seinen Einhorn-Rahmen herum strickt Pole ein konsequentes und wunderbar kompromissloses Fatty, das im Prinzip keine Wünsche offen lässt. Sram GX Eagle, feinste DT Swiss BR2250 Laufräder und eine lupenreine Race Face Ausstattung statt dubioser Eigenmarken – Kurbel, Lenker, Vorbau, Sattelstütze und sogar die Griffe stammen vom Kult-Hersteller aus Canada.
Dazu noch ein Cane Creak Steuersatz und ein Velo Sattel (der allerdings das Unbequemste ist, worauf wir je gesessen haben) und fertig ist die Dream Machine. Im Prinzip kann man nur noch eine versenkbare Sattelstütze nachrüsten und ein wenig Potential gibt es bei der Bremse. Zwar verbaut Pole eine äußerst biss- und standfeste Sram Guide R, setzt aber nur auf 180er Scheiben. An einem normalen FATBike wäre das jetzt eine solide Kombi. Der übermächtige SnowShoe 2XL (den wir übrigens hier getestet haben) zwingt dank endloser Traktion und deutlich größerem Abrollumfang aber praktisch jede Bremse früher oder später in die Knie. Dass unser Testbike mangels Verfügbarkeit der Guide R mit heillos überforderten Sram Level TL Anhaltehilfen kam, verschweigen wir an diese Stelle. Nicht.
Und was bringts?
Satte 14,9 kg (Tubeless ohne Pedale). Von denen jedoch allein 3,9kg nur auf die Reifen entfallen. Das Pole Taiga ist ein großes und mächtiges Bike und gibt dadurch sofort ein erhabenes, überlegenes Fahrgefühl. Noch deutlich mehr als auf herkömmlichen Fatties bekommt man dieses Gefühl der Unaufhaltbarkeit. Die Sitzposition ist bequem und effektiv, dank des steilen Sitzwinkels tritt man sauber von oben in die Pedale, während der lange Reach eine sportliche, aber nicht überstreckte Haltung zulässt. Der gefühlt endlose Radstand bewirkt einen stoischen Geradeauslauf und die schweren Reifen pulverisieren nicht nur sämtliche Ambitionen auf aggressive Sprints sondern auch Wurzeln, Steine und sonstiges Unbill, das üblicherweise die Handgelenke schindet. Ein FATBike durch und durch: überlegen, gemütlich und unendlich komfortabel.
Das Pole Taiga, der Formel 1 Panzer
Aber was bringt nun der flache Lenkwinkel? Na zuerst mal ergänzt er sich mit den gewaltigen Reifen zu einer völlig unerwarteten Handlichkeit und Führung. Das Pole Taiga lässt sich spielend leicht und wieselflink dirigieren und baut am Vorderrad – selbst für FATBikes – irrsinnig viel Traktion auf.
Allerdings braucht die sehr spezielle Geometrie ein wenig Übung: um die Vorteile in schnell gefahrenen Kurven ausnutzen zu können, muss man sehr viel Gewicht aufs Vorderrad legen. Heißt man muss sich ungewohnt weit nach vorn lehnen – was ungeübte Fahrer schnell erst aus ihrer Komfortzone und dann noch schneller schnurstracks ins Unterholz katapultiert. Bleibt man mit dem Körper in Kurven zu weit hinten auf dem Bike reißt die Traktion recht abrupt ab und das Pole schießt geradeaus aus der Kurve – Fahrfehler verzeiht das Pole an diese Stelle nicht. Hier heißt es erst rantasten und dann Spaß haben!
Fahren, fahren, fahren!
Auch abseits von schnellen Kurven kann das Pole Taiga von allem mehr. Bergauf gibt es keine Ausreden mehr – lange Kettenstreben, krasse Reifen und steiler Sitzwinkel lassen nur deine Power und Technik zu limitierenden Faktoren werden. Wenn du den Berg nicht hoch kommst, liegt es an dir. Das Taiga kann nichts dafür. Und natürlich ist es nicht der Rede wert, dass der Komfort der SnowShoe 2XL Reifen (die wir hier auch noch mal in schwarz vorstellen) nicht zu übertreffen ist. Wenn du nicht gerade gegen ein verdutztes Wildschwein prallst bügelt der König der Reifen so ziemlich alle Herausforderungen des Alltags zuverlässig aus. Mit dem Taiga kann man fahren, fahren, fahren und immer weiter fahren. Es ist bequem, fährt sich wunderbar satt und egal was kommt, mit dem Pole Taiga lässt sich so ziemlich alles bezwingen.
Was bleibt?
Top Teile, eine Verarbeitung vom Allerfeinsten, ein Lack den man einfach nur ablecken möchte, ein irres Fahrverhalten und die Möglichkeit 5 Zoll zu fahren. Das Pole Taiga ist ein Einhorn, und damit Mitglied in einem kleinen, erlauchten Kreis aus herausragenden FATBikes, in dem jedes Bike für sich genommen einzigartig und konkurrenzlos ist. Wir zögern nicht, es in einem Satz mit dem unfassbaren Specialized S-Works FatBoy oder dem herrlichen Norco Ithaqua zu nennen. Nur: im Gegensatz zu denen kann man das Pole Taiga auch wirklich kaufen. Den Finnen ist es damit gelungen ein Fatty zu bauen, welches „Mainstream“ nur aus seinen Albträumen kennt. Und egal, was du mit dem Pole Taiga im Wald oder auf Schnee machst – es ist einfach anders, cooler, lässiger, geiler. Wie gesagt, wir waren seit langem nicht mehr so begeistert!
Kann die Eindrücke aus dem Test nur bestätigen. Ist meiner Meinung nach das beste Fatbike am Markt.
Allerdings muss in so ein Rad eine Federgabel rein, damit man das „Bergabpotential“ richtig nutzen kann. Ich fahre das Taiga mit einer Mastodon mit 120mm und den Barbagazis.
So macht es auch im Sommer Spaß
Hi Kai Uwe,
danke für Deinen Erfahrungsbericht! Schick uns gern mal ein Bild von Deinem Bike! Freut uns immer 🙂
FATte Grüße
Matt
Hallo an alle
Wo ist denn bitte der Unterschied zwischen dem Taiga Pole En und dem TR. Lässt sich da evtl. auch eine Rohloff nachrüsten.
Danke und Gruß
Strobel Horst
Hallo Horst,
danke für Deinen Kommentar. Kurz gesagt: eins hat eine Federgabel und 4.8 Reifen, das andere hat eine Starrgabel und 5.05 Reifen.
Hier findest Du die Übersicht: https://polebicycles.com/polestore/product/taiga/
FATte Grüße
Matt
Mich würde brennend interessieren, ob man an das Sattelrohr einen Römer-Kindersitzadapter dran bekommt?
Wieviel cm Sitzrohr ist zwischen dem abfallenden Oberrohr / Sitzstrebe und dem kurzen Versteifungsrohr, welches Oberrohr und Sitzrohr verbindet?
Zumindest bei meinen Rose Tusker in L passt das
Ich würde mein Taiga nie wieder hergeben. Nein ich würde sogar ein zweites kaufen 🙂
Dieses Rad ist so dermaßen genial dass ich jede Fahrt feiere.