Wir hatten es ja bereits angedeutet. Matze, begeisterter Biker und aus dem Motorradsport kommend, wird seine Erfahrung vorallem als Test & Technik Freak bei uns im Team einbringen und startet hier und jetzt mit seinem ersten Testbericht auf FAT-Bike.de. Matze, bitte!

Rocky Mountain Blizzard – eine Legende auf großen Füßen

Rocky Mountain Blizzard im Test

Rocky Mountain Blizzard im Test, Matze legt sich kräftig ins Zeug

Dem Kaltluftwind des hohen Nordens entkommt keiner- So war es Anfang der 90er Jahre und genauso ist es heute. Damals ein schlanker Traum aus kanadischem Stahl, das Rocky Mountain Blizzard, heute winterfest mit einigen Fettpölsterchen. Besonders die Füße haben enorme Ausmaße angenommen. 4,7 Zoll auf 80 Millimeter Haxn und ein kräftiger Rahmen aus modernen Aluminiumrohren. Aus dem einst grazilen Spross des kanadischen Edelbikeherstellers ist mit dem Rocky Mountain Blizzard* ein echter Naturbursche erwachsen.

Klare Ansagen vorab…

Als der Rocky Mountain Team Van vorfuhr wussten wir, wo der Wind her weht. Schließlich ist ein Blizzard ja auch ein heftiger Wind und kein laues Lüftchen.

Aus kanadischem Holz geschnitzt, das Rocky Mountain Blizzard FATBike

Aus kanadischem Holz geschnitzt, das Rocky Mountain Blizzard FATBike

Was beim Rocky Mountain Blizzard sofort ins Auge sticht, das sind die dicken Bulldozer von Vee Tire, schlauchlos montiert auf Sun Ringle Mulefut Felgen. Die Tubelessmontage spart zirka 800 Gramm Gewicht für die Schläuche. Dadurch wird das Gewicht des Rocky Mountain Blizzard auf brauchbare 15,5 Kilogramm reduziert. Um das Gewicht leichtfüßig zu bewegen, haben die Kanadier dem FATBike einen 1×10 Antrieb mit 11 auf 36 Zähne spendiert und ein 24 Zähne Kettenblatt mit Bash-Ring an der Raceface Kurbel montiert. Damit hat man zumindest kein Problem das Rocky Mountain Blizzard den Berg rauf zu treten, von wo aus es sich auf technischen Trails bergab sehr wohl fühlen soll. Die Geschwindigkeit wird über ein XT Shadow RD+ Schaltwerk forciert und unter Kontrolle hält man das Tempo über eine simple SLX Bremseinheit mit 180 und 160 Millimetern Scheibendurchmesser. Alle Parts sind bewusst sehr robust ausgelegt und sind gängige Produkte, womit die Ersatzteilversorgung jederzeit gewährleistet ist.

Rock Shox Bluto am Rocky Mountain Blizzard

Eine lange Kettenstrebe und der flache Lenkwinkel versprechen Laufruhe, und durch die 100 Millimeter Rock Shox Bluto Gabel sollen verstärkt Unebenheiten aus den Trails gebügelt werden.
Wie man es erwarten konnte, haben sich die Ingenieure bei Rocky Mountain während der Entwicklung des Blizzard wohl etwas gedacht – oder?

Das Rocky Mountain Blizzard im Trailcheck

Nachdem uns Stefan vom deutschen Importeur BikeAction das Rocky Mountain Blizzard ein wenig näher gebracht hatte und ich wieder allein in meiner Werkstatt stand, habe ich erst einmal die Bremshebel seitenvertauscht – schließlich fahre ich die Vorderradbremse rechts, so zu sagen richtig rum (!), englisch oder für Motorradfahrer.
Was ich zu Beginn als unangenehm empfand, war das Wegkippen des Vorderrades in engen, langsam gefahrenen Kurven. Der für ein Bike dieser Dimension recht schmale Lenker und der für meinen Geschmack zu lange Vorbau vermitteln diesen Effekt verstärkt. Auf engen Trails gewöhnt man sich auf Dauer allerdings recht gut daran, aber auf festgetrampeltem Schnee schiebt das Vorderrad aufgrund dessen etwas zum Kurvenäußeren. Das könnte allerdings eventuell auch ein wenig an den Bulldozern liegen, die nass rutschige Böden nicht ganz so mögen. Auf etwas tieferer Schneepiste, Harsch oder Pulverschnee greifen die Reifen gut.

Bremsanlage des Rocky Mountain Blizzard

Warum ein Blizzard?

Gedacht ist das Rocky Mountain Blizzard zum entspannten Touren und das Bezwingen technischer Trails, lange Marathons gehören eben so wenig zu seinem Repertoire, wie die Hatz über schnelle Trails. Für beides reicht die Übersetzungsbandbreite nicht aus, denn mit 24 auf 11 Zähne schlägt man oberhalb der 25 km/h-Marke eher die Luft zu einer cremigen Masse, als dass man zügig voran kommt. Die Wahl der 36er Kassette mit einem Umbau auf ein 40er Ritzel und vorne ein 30er Kettenblatt hätten das Einsatzgebiet erweitert und die Trittfrequenz herab gesetzt.

Kleine Übersetzung, kleine Scheiben!

Kleine Übersetzung, kleine Scheiben!

Gibt das Gefälle den Speed vor, dann liegt das Rocky Mountain Blizzard im höheren Tempobereich dank langer Kettenstrebe und flachem Lenkkopfwinkel wie ein Brett.
Andersrum erfreut man sich beim steilen Anstieg über ein am Hang klebendes Vorderrad und viel Grip am Hinterrad, und wenn die großen Räder erstmal beschleunigt sind, dann rollt man langsam aber stetig zum Ziel.

Reichlich Testrides auf dem Kanadier

Auf unseren Testrunden im Karwendel und Flowvalley empfahl sich das Rocky Mountain Blizzard FATBike als spaßiger Kumpel. Bei zwei langen NightRides am Magic Mountain und einem Tagesausflug zu einem der Kesselbergtrails punktete es mit Robustheit, zum Beispiel bei einem Absturz aus mehreren Metern Höhe, und es vermittelte Sicherheit und Fahrspaß bei normalem Gebrauch. Die Untergründe bestanden dabei sowohl aus trockenem und Nass- Schnee, feuchtem bis nassem Waldboden, Wurzeln und Felsen, sowie Geröll und Schotter.

Will schnell, aber kann nicht

Die etwas klein dimensionierten Bremsscheiben sind zu verkraften, sollten allerdings auf 203 und 180 getauscht werden, wenn lange, steile Abfahrten zum Alltag gehören. Die angesprochene Laufruhe machte in Verbindung mit den dicken Schlappen aus einem Geröll verblockten Trail, eine spaßige Highspeedabfahrt. Mit einem Enduro MTB geht diese Abfahrt sehr viel langsamer von statten und garantiert eine absolute Pannenvielfalt von Reifenplatzern über Felgenschäden bis hin zu schmerzhaften Totalschäden. Das Rocky Mountain Blizzard zauberte uns auf diesem Trail allerdings eher ein unerschrockenes Grinsen ins Gesicht. Das Hinterrad klebt förmlich am Boden und hält das Bike in der Spur, die bei ganz engen Kurven allerdings nur mit einem Versetzen des Hinterrades verlassen werden kann. Dafür kann man sich sogar das einknickende Vorderrad zu Nutze machen und den Richtungswechsel damit einleiten. Zwischen den Kurven saugen Vorderrad und Rock Shox Bluto alle Unebenheiten in sich auf, wobei die FATBike Federgabel nach einer Behandlung mit einem Öl guter „Ziehfähigkeit“, der damit verbunden merklichen Reduzierung des Losbrechmoments und einem eingestellten SAG von 25 Prozent einen Großteil der Arbeit verrichtete. Unten angekommen rollten wir zirka 15 Kilometer in der Ebene über das Auf und Ab eines Trails zurück zum Auto. Dabei fühlte sich das Bike bis auf die kurze Übersetzung echt angenehm an.

Rocky Mountain Blizzard im FATBike Test

Etwas verwirrende Parts

Wie bereits erwähnt, würden wir einen kürzeren Vorbau verwenden, 50mm oder sogar nur 40mm würden unserer Meinung nach reichen. Ein Lenker mit einer Breite von 740 bis 760mm würde dem Bike gut tun. Aber auch mit den verbauten Parts sitzt man angenehm im Bike und außerdem sollte jeder seine angenehme Ergonomie selber finden. Bei Rocky Mountain hatte man eh schon ein gutes Händchen für die goldene Mitte. Feinabstimmungen sollte aber jeder selbst übernehmen.

Leider gibt es ein paar kleine Widersprüche in der allgemeinen Ausstattung. Das Rocky Mountain Blizzard ist natürlich kein Mountainbike, das nur für Trails konzipiert wurde, doch soll es abfahrtsorientiert und eher für das Fahren auf kleinen, technischen Pfaden gedacht sein. Aber es ist auch kein FATBike für die lange Tour. Also liegt sein Anwendungsgebiet irgendwo dazwischen, etwa so im Bereich schnelle bis ausgeweitete Abendrunde auf flowig-technischen Pfaden.

Leider kann man für steile Trails die Sattelstütze nicht weit genug absenken, da die Gewindeeinziehnieten für einen zweiten Flaschenhalter oder andere Parts, innen ins Sattelrohr hineinragen. Aber wenn das Bike auch nicht für die große Tour gedacht ist, warum braucht man dann Schraubpunke für eine Luftpumpe oder andere Parts am Sattelrohr, wenn man doch für solche Utensilien die äußerst pfiffige Rahmentasche unter dem Oberrohr angebracht hat? Für die schnelle Feierabendrunde lässt sich darin eh schon so gut wie alles Nötige verstauen!

Da die Möglichkeit der Montage eines Umwerfers am Rahmen des Rocky Mountain Blizzard bereits vorgesehen ist, besteht die Möglichkeit die Tourentauglichkeit mit geringen Mitteln zu verbessern, aber auch eine Variostütze würde dem Bike gut stehen, womit man seine Stärken auf dem Trail noch ein wenig besser auskosten könnte. Außerdem ist die Verlegung der Zugführung durch das Sattelrohr ja bereits vorgesehen – häähhh?! Und warum fehlt solch eine Stütze dann? In der heutigen Zeit?

Was bleibt?

Das Rocky Mountain Blizzard ist ein würdiger Nachfolger des Kultbikes, nur mit ganz anderen Voraussetzungen. Es ist ein FATBike!

Trotz seiner Laufruhe ist es verspielt und macht selbst mit seiner kurzen Übersetzung auf Strecke Spaß. Die Rock Shox Bluto funktioniert nach der richtigen Ölbenetzung der Standrohre ohne Losbrechmoment. Wir haben sie mit einem SAG von 25 Prozent, fast offener Druckstufendämpfung und entsprechender Zugstufe gefahren.

Stark wie ein Baum, das Rocky Mountain Blizzard

Stark wie ein Baum, das Rocky Mountain Blizzard

Die Einstellungen muss man natürlich bei wärmerer Witterung ein wenig anpassen. Den Reifendruck hielten wir bei zirka 0,5 bar. Eine Variostütze wäre eigentlich Pflicht, etwas größere Bremsscheiben würden die hervorragende Trailtauglichkeit verbessern, sowie die Geschwindigkeit auch über viele Höhenmeter im Downhill sicher vernichten. Ein simples 40er Kettenritzel in Verbindung mit einer 11-36er Kassette sollte man bei Race Face fertigen lassen, dann passt mit einem 30er Kettenblatt vorne auch die Übersetzung für eine schnelle Hatz. Lenker, Vorbau und Sattel sind eigentlich vom Fahrer selber anzupassen, aber Rocky erwies hier wieder einen guten Kompromiss bei den Serienparts, auch wenn wir Lenker und Vorbau verändern würden.
Die Rahmentasche ist ein cooles Gadget, die schlauchlose Montage der Reifen ein Gewinn an Federungskomfort und Fahrperformance.

Wer Interesse an einem Blizzard hat findet es unter anderem im Shop unsers Partners Alex*.

 

*Partnerlinks sind wie immer mit „*“ gekennzeichnet

4 Responses

  1. einzenberger

    blizzard (2015) ist ein gutes bike allerdings hat meine werkstatt das tubeless montieren im grunde nicht beherrscht und sie haben bei platten reifen, anstatt die schläuche auszutauschen, die reifen heruntergeschnitten, weil sie nicht gecheckt haben, dass man die reifenwände zur innenseite der felge schieben muss, wo eine kuhle ist, um platz zu schaffen für den reifenheber.blöd gelaufen, die reifen haben sie mir natürlich verrechnet und so einen schaden bis zu 300 euro verursacht.ist leider schon verjährt.einziges manko am bike ist das innenlager von raceface (team xc 100mm), welches müll ist eigentlich, am besten gleich ersetzen, lager ist nach 4 monaten defekt..

    Antworten
    • Matt

      Hi Thomas,

      danke für deinen Kommentar! Wie bitte?? Die haben dir auch noch Geld dafür abgenommen, dass sie deine Reifen zerstört haben? Das ist ja an Dreistigkeit kaum zu überbieten… Wahnsinn. Was die Race Face Lager betrifft hast du leider Recht, da hatten wir auch einige Probleme. Inzwischen fahren wir praktisch nur noch SRAM und Hope.
      Dennoch viel Spaß mit deinem Rocky, ist auch selten geworden!

      FATte Grüße

      Matt

  2. Kuhfladen

    Echt? nur eine 1×10 Schaltung?

    Mein Maxi Cooker von Charge hat als 1000€ FAtbike eine 2×10 Gangschaltung, Sowie Alurahmen und soweiter und sofort.
    Einige Hersteller bieten mehr und andere fragen sich mehr. Immer mal abwegen bei einem Kauf. Zum Glück hab ich richtig gesetzt, habe nämlich auch mit dem Blizzard geliebäugelt und hatte bei dieser Wahl meiner Meinung nach 1000€ in den Wind gesetzt. Denn das Ungefederte Bilzarrd ist ab 1900 zu haben.
    Üppig!!!

    Antworten
    • Matt

      Hi Kuhfladen,

      danke für den Kommentar. Die Anzahl der Gänge hat mit der Qualität des Schaltsystems nicht zwingend was zu tun – so gesehen haben z.B. die Specialized FatBoy Pro auch „nur“ 11 Gänge, mit Carbonkurbeln und XX1/X01 Komponenten spielen sie schaltungstechnisch aber ohne Zweifel in der Oberliga. Ob solche Systeme allerdings sinnvoll sind muss jeder für sich entscheiden…
      Mit der Preisgestaltung verhält es sich ähnlich. Wer einen Namen wie Donnerhall auf seinem Bike haben möchte wird sicher bereit sein, ein paar Mark mehr auszugeben. Meistens bekommt man dann eine ausgefeilte Geometrie, geringes Gewicht, beste Materialien/Verarbeitung und guten Service (wenn doch mal was schief geht) dazu. „In den Wind“ setzt man damit nichts – man gibt nur Geld für etwas aus, das anderen Bikern vielleicht nicht so wichtig ist.
      Das ist doch das Schöne daran: es ist inzwischen auch im FATBike Bereich für jeden Geschmack was zu haben. Von daher: allzeit FATte Fahrt mit dem Charge!

      FATte Grüße

      Matt

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