Tech Talk: FATBike Naben

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FATBike Naben – alles zu Einbaubreiten, Scheibenbremsstandards und Achssystemen

Tune Fat King und Fat Kong. Die Leichtigkeit des Seins.

Tune Fat King und Fat Kong. Die Leichtigkeit des Seins.

Es ist mal wieder Zeit für Tech Talk – diesmal geht es um FATBike Naben und alles, was man zu Achssystemen und Einbaubreiten wissen muss. Für alle, die aus der Mountain Bike Welt kommen – was vermutlich die Mehrheit der FATBiker betrifft – gab es bisher keine allzu großen Herausforderungen bei Naben. Die Einbaubreiten waren seit Jahrzehnten Standard – 100 mm an der Vorderachse und 135 mm hinten – und die Bremsscheiben waren immer an derselben, wenn auch vorn und hinten unterschiedlichen, Stelle. Beim FATBike ist es nicht ganz so einfach. Aber fast…

Also, auf geht's!

Kleines Hunderfünfundreißigmalhundersiebenundneunzig – ähem – Einmaleins der Einbaubreiten

Einbaubreiten bei FATBike Naben sind ein Thema für sich. Am Bug der meisten FATBikes tummelt sich noch der gängige Standard der letzten Jahre: 135 Millimeter breite Naben mit handelsüblicher 10 mm Schnellspannachse. Anders als bei Hinterradnaben, bei denen sowohl 170 mm als auch 190 mm Einbaubreite gängig sind, werden 135er Naben an der Front für alle Reifenbreiten genutzt, von 3.8″ bis SuperFAT.
Warum gerade 135 mm? Naja, warum es nicht die 100 mm MTB Standardbreite ist, ist schnell beantwortet: ein 4,8″ FATBike Reifen passt da einfach nicht durch! Ihr kennt den alten Spruch mit dem VW Käfer und dem Nadelöhr. Ein Surly Bud ist über 11 Zentimeter breit. Einen drüber, das wird nix!
Mit 135 mm ist da der nötige Platz. Nun sagt die Legende, dass der 135 mm Standard auf die Ursprünge von FATBikes zurück geht: Expeditionen.
Während wir mit Flickzeug und einem Multitool im Rucksack für den Unbill eines langen Biketags gerüstet sind, ist bei großen Expeditionen regelmäßig ein komplettes Ersatzlaufrad dabei. Um nicht zwei Laufräder mitschleppen zu müssen wurden die ersten FATBike Gabeln kurzerhand 135 mm breit ausgelegt – so reichte ein einziges Hinterrad als Ersatz. Dieses konnte man dann im Notfall sowohl hinten als auch vorn einsetzen.
Außerdem haben viele FATBiker früher die empfindliche Schaltung durch einfache Ritzel ersetzt. Nur kommt man ohne Schaltung auf langen Touren schnell an Grenzen… Kluge Köpfe haben dann, um den Einsatzbereich ihrer Bikes zu erweitern, vorn ein Hinterrad mit einem größeren bzw. kleineren Ritzel verbaut, so dass man durch den Tausch der Räder die Übersetzung auch ohne Schaltung unterwegs verändern konnte.
Wenn das nicht 1a Angeberwissen für den Abend am Lagerfeuer ist!

Front End – Rear Disc. Vorsicht, Falle!

Wo wir gerade bei Angeberwissen sind. Es gibt einen – wenig bekannten aber sehr hässlichen – Fallstrick bei FATBike Naben für vorn: die Position der Bremsscheibe. Die steht nämlich beim Hinterrad knappe 5 mm weiter innen als vorn. Ein Hinweis darauf, dass die Geschichte mit den Expeditionen stimmt ist: viele frühe FATBike Gabeln haben nicht nur die Einbaubreite klassischer MTB Hinterradnaben, sondern auch entsprechend versetzte Aufnahmen für Bremssättel. Man spricht vom „Rear Disk Standard“ (RDS), welcher nicht mit dem „Front Disk Standard“ (FDS) kompatibel ist.

 

Von links nach rechts: FatSno 190 Rear, FatSno Front RBS, FatSno Front FBS

Von links nach rechts: FatSno 190 Rear, FatSno Front RDS, FatSno Front FDS

Also Augen auf beim Nabenkauf! Tipp: der Abstand zwischen Ausfallende und Bremsscheibe ist beim Rear Standard etwa 14, beim Front Standard ca. 9mm. Nagelt mich nicht drauf fest, habs mit einem Bier in der Hand gemessen. Aber kommt hin!

150 mm Front End. Kannste stecken!

Das zweite gängige Bugmaß ist der moderne 15 x 150 mm Steckachsen Standard. Mit der Einführung der Rock Shox Bluto begann auch dieses Maß seinen Siegeszug am FATBike. Selbst viele Non-Suspended FATBikes kommen inzwischen ab Werk mit 15 mm Steckachse und 150 Millimeter Einbaubreite. Abgesehen von den viel gerühmten Vorteilen von Steckachsen (steifer, leichter, weniger Gefummel) liegt der große Pluspunkt vor allem darin, dass man kein neues Vorderrad braucht wenn man eine Bluto nachrüsten will.

Das Problem beim Gabeltausch: normale Schnellspann-Naben sind nicht kompatibel mit Federgabeln.

Das Problem beim Gabeltausch: normale Schnellspann-Naben sind nicht kompatibel mit Federgabeln.

Allerdings haben auch einige Nabenhersteller echt smarte Systeme im Programm mit denen sich die Einbaubreiten ohne lästiges Umspeichen überbrücken lassen. Weiter unten mehr dazu!

Das dicke Ende: 170 vs. 177 vs. 190 vs. 197 Millimeter

Was am Heck kompliziert klingt, ist im Prinzip schnell erklärt. Es gibt heute im wesentlichen zwei Einbaubreiten: 170 mm und 190 mm. Auf das Warum und die Details gehe ich in einem anderen Tech Talk ein – als grobe Faustregel kann man sagen, dass Fatties der 4 Zoll Klasse eher 170 mm breite Hinterbauten haben, während sich 4.8 Zoll SuperFAT Reifen meisten um 190 mm Naben drehen.
Dabei sind die glatten Werte 170 und 190 ein Hinweis auf klassische Schnellspannachsen, während die ungeraden Werte 177 und 197 typisch für 12 mm Steckachsen sind. Die 7 Millimeter mehr wurden so vom MTB übernommen, beim dem Hinterbauten mit Steckachsen 142 statt 135 mm breit sind.

Vier Sperrklinken für ein Halleluja. Die Hope FatSno Rear ist "Bomb Proof" und doch einfach zu warten.

Vier Sperrklinken für ein Halleluja. Die Hope FatSno Rear ist „Bomb Proof“ und doch einfach zu warten.

Aber was hat es mit den ominösen 7 mm auf sich??? Warum gerade sieben? Aberglaube? Nein, ganz und gar nicht, sondern die clevere Lösung eines ganz alltäglichen Problems. Die Einbaubreite gibt an, wie groß der Innenabstand zwischen den Ausfallenden ist. Bei 190mm sind die – okay, das klingt jetzt nach billigem Gewinnspiel – 190 mm voneinander entfernt. Naben mit Schnellspannachsen sind so aufgebaut, dass die eigentliche Achse links und rechts jeweils ca. 5mm übersteht. Diese Überstände platzieren die Nabe perfekt im Ausfallende und der Schnellspanner hält sie fest.

Die Tune Fat Kong ist nicht nur extrem leicht. Sie ist auch extrem schön!

Die Tune Fat Kong ist nicht nur extrem leicht. Sie ist auch extrem schön!

Bei Steckachsen gibt es diesen Luxus nicht, da endet die Nabenachse an der Innenseite der Ausfallenden. Und so waren die Naben früher auch mit Steckachse exakt 135, 170 oder 190mm breit. Das Resultat: Durchfall. Das Rad hat, so lange die Steckachse noch nicht montiert ist, keinen Halt im Hinterbau. Man musste also mit einer Hand das Bike halten, mit der zweiten das Rad exakt in Position bringen und mit dem Mund die Steckachse einfädeln.
Bis schlaue Ingenieure die Ausfallenden im Bereich der Achsaufnahme je 3,5 mm ausgefräst und die Nabenachsen selbst um eben diese 7 mm verlängert haben. Auf diese Weise bekam die Nabe wieder einen festen Platz im Rahmen. Man kann bei diesen Systemen das Rad bequem in Position bringen und dann entspannt die Steckachse reintüdeln.

„Convertible“ Nabensysteme

Hope Conversion Kits: Front 15mm/147mm, Front 15mm/135mm, Rear X12, Front 15/150 (incl. Adapter für die Bremsscheibe)

Hope Conversion Kits: Front 15mm/147mm, Front 15mm/135mm, Rear X12, Front 15/150 (incl. Adapter für die Bremsscheibe)

Gerade Fahrer von Bikes wie z.B. dem Specialized FatBoy mit serienmäßig 135 mm Schnellspann-Vorderrädern stehen beim Wechsel auf Federgabeln vor dem Problem, dass sie das Vorderrad nicht übernehmen können. Nur was, wenn man sich gerade erst einen sündteuren Satz Edelnaben gekauft hat? Oder wenn man sich die Wahl zwischen Starr- und Federgabel offenhalten, aber trotzdem kein zweites Vorderrad rumliegen haben will?

Sagen wir es so: FATBike Naben sollten so sein wie Schweizer Taschenmesser. Ein Werkzeug für alles! Einige Hersteller bieten da passende Lösungen, z.B. Hope oder Salsa. Salsa bietet mit dem FatConversion Nabensatz die Möglichkeit, vorn von 135 mm Schnellspanner auf 15 x 142 mm Stechachse umzubauen während hinten 170 mm Schnellspanner oder 12 x 177 mm Stechachse machbar ist. Dazu müssen nur die Endstücken der Naben getauscht werden.

Auch Tune bietet entsprechendes Zubehör an, um zum Beispiel Fat King von Schnellspanner auf Steckachse umzurüsten.

Die Hope FatSno Vorderradnabe im 135mm Setup. Hier im Specialized FatBoy Expert.

Die Hope FatSno Vorderradnabe im 135 mm Setup. Hier im Specialized FatBoy Expert.

Und hier die selbe Nabe, mit wenigen Handgriffen umgebaut auf 150mm Steckachse. Passt in die Bluto!

Und hier die selbe Nabe, mit wenigen Handgriffen umgebaut auf 150 mm Steckachse. Passt in die Bluto!

Vielseitigkeit, vor der sich sogar ein Schweizer Messer verbeugen muss, gibt es bei Hope. Dank eines ganzen Zoos von Adaptern lässt sich z.B. die Fatsno Front Hub von serienmäßiger 135 mm Schnellspann-Bestückung auf Steckachssysteme mit 15 x 135 mm, 15 x 142 mm und 15 x 150 mm umbauen. Dazu gibt es Adapter zum Ausgleich der Lage der Bremsscheibe. Außerdem bietet Hope unterschiedliche Nabenkörper für Front und Rear Break Standard Gabeln an. Achtung: hier kann ausnahmsweise nichts umgerüstet werden, die Standards sind auch mit der Hope Fatsno nicht kompatibel!
Ähnlich verhält es sich bei der Fatsno Rear. Einfach Endstücken tauschen und schon kann man seine 170 mm Schnellspann-Nabe mit 177er Steckachse verwenden. Bei der 190 mm Nabe verhält es sich genauso.

Was bleibt?

Auch, wenn sich die verschiedenen Einbaubreiten, Achssystemen und Bremsstandards beim FATBike noch einigermaßen überschauen lassen, ist Aufmerksamkeit der beste Freund beim Nabenkauf. Man sollte sich vorher überlegen, was die FATBike Naben leisten und in welchen Gabeln bzw. Rahmen sie verbaut sein sollen. Und nicht zuletzt taugen FATBike Naben auf Grund ihrer schieren Größe auch gut zum Gewichtstuning.
Passen sie jedoch perfekt, dann hat man an hochwertigen FATBike Naben selbst bei härtestem Einsatz in Schlamm und Schnee lange Spaß!

4 Responses

  1. Peter

    Alles okay, wenn man die genormten Abstände weiß aber wie lang dann die Achse insgesamt sein muss, wenn ich in Asien einkaufe, habt ihr nicht verraten….

    Antworten
  2. martin kruppa

    Hiho, gibt es vielleicht auch 135 x qr20 Naben? Oder die Möglichkeit ne normale QR20 auf Fat umzurüsten? Ich habe da ne fixe Idee und möchte meine alte Z1 aus dem Jahre 99 umarbeiten… Weil ich mehrere alte Marzocchis habe und Steckachse wohl steifer wäre, suche ich ne Möglichkeit ein 135er (oder 150er) Vorderrad passend zu bekommen. Die Gabeln sind komplett zerlegbar und ich habe im Netz schon eine sehr schöne Marzocchi Fat-Fork gesehen. Da der Kollege aber in den USA sitz und von mir für die 2-3 Frästeile schlappe 650$ + Tax & Shipping verlangt, habe ich mir hier wen gesucht… Entweder wird es halt ne Singlecrown mit dann 110mm FW oder die JuniorT mit 130mm. Doppelbrücke hat auch was 😉
    Ich fahre im Harz eher Enduro oder mal im Bikepark. Letztens hab ich mir nen schönen RaceFace-Atlas Lenker kaltverformt, weil ich etwas tief/ hart aufgeschlagen bin an nem kleinen Drop… Die Bluto hat zwar 32er Standrohre, aber irgendwie bin ich Marzocchi-Fanatiker und bilde mir ein, dass sone Doppelbrücke meinen Ansprüchen eher genügen könnte.

    OK, das waren 2 Fragen 😉 Gibt es 135/150 x QR20 und ist meine Einschätzung realistisch?
    Fahre ein On-One Fatty
    Ride on, FLY

    Antworten
    • Matt

      Hi Christian,

      danke für Deine Anfrage. Die Adapter werden von Hope spezifisch für deren Naben gebaut. Daher ist nicht davon auszugehen, dass sie an irgend einer anderen Nabe passen. Kann natürlich durch Zufall immer sein, aber ich würde einfach mal sagen: nein!

      FATte Grüße

      Matt

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