29 Plus – in unserem voraussichtlich letzten Beitrag 2019 schauen wir uns mal was ganz was Anderes an: extra dicke „Niner“, die mit 2.8″ Breite nicht so recht in unser traditionelles Beuteschema passen wollen. Warum wir uns trotzdem damit befassen? Weil man damit angeblich aus einem Bike zwei machen kann, und das ohne großen Aufwand. Ob der Plan aufgeht? Maxx aus Rosenheim hat uns zum Ausprobieren einen aktuellen Huraxdax ELS mit 29″ Plus Option zukommen lassen. Also, legen wir los!

So kennen wir den Huraxdax: FAT und saftig!

29 Plus. Eine Annäherung

Es gibt Menschen, die behaupten, dass ein FATBike nicht in jeder Lebenslage die erste Wahl sei. Das ist natürlich Unsinn. Na gut, man sollte mit einem Fatty nicht in einen OP fahren. Und in einem Flugzeugcockpit mag es ebenfalls fehl am Platz sein. Aber: andere Bikes punkten hier auch nicht gerade. Das Argument zieht also nicht.

Dasselbe Bike, aber doch ganz anders

Aber sind wir ehrlich: so eine vier/achter Walze hat schon was von Plüschsofa – satt und saftig aber immer auch ein wenig gemütlich. Und das lieben wir. Wer aber auf das zackige Fahrverhalten schmalerer MTB Reifen nicht verzichten will, muss entweder beim Fatty deutliche Kompromisse eingehen. Oder sich ein zweites Bike hinstellen. Muss? Musste! Denn genau hier schlägt sie, die Morgenstunde des 29 Plus Formats.

Genau so groß…

2.8 Zoll. Mehr nicht.

…nur sich so FAT. Das ist das Spannende an diesem Radformat. Denn die Idee, einen Satz 27.5 oder 29″ Felgen um eine FATBike Nabe zu spannen und so einen Zweit-Laufradsatz für eilige Stunden zu haben, ist nicht neu. Nur: ein 27.5+ Laufrad ist deutlich kleiner als ein mächtiges FATBike Laufrad. Dieses Schicksal trifft, wenn auch nicht ganz so krass, auch normale „Niner“ Räder – die wir übrigens immer noch potthässlich finden… Das Problem dabei: kleinere Laufräder verringern die Bodenfreiheit. Gerade in Kurven oder am Fully steigt die Gefahr aufzusetzen deutlich an.

Lustig…

29 Plus hat natürlich nichts mit FAT zu tun. Mit ganzen 2.8″ Breite wird der hier gezeigte WTB Vigilante 2.8 Reifen von einem Jumbo Jim 4.8 um locker 5cm Breite überragt. Aber das macht das Konzept nicht weniger, sondern ERST RECHT interessant. Denn verglichen mit eben jenem JJ sind Abrollumfang und Durchmesser nahezu identisch. Und selbst gemessen am überaus wuchtigen Terene Johnny 5 (testen wir auch demnächst) fällt der zwei/achter WTB in diesen Disziplinen nur geringfügig kleiner aus.

Räder tauschen, Spaß haben!

Achse raus, Rad tauschen, Achse rein. So einfach!

Mit anderen Worten: der 29 Plus Laufradsatz wartet mit passenden Bremsscheiben und Kassette bestückt auf seinen Einsatz. Und du kannst ihn einfach so in dein Fatty stecken und losfahren. Vorm Start haben wir die Vigilantes mit ca. 0.9 bar befeuert, was einen für uns angenehmen Kompromiss aus Komfort, Durchschlagschutz und Rollwiderstand ergeben hat.

Bei knapp 80kg Fahrergewicht ausreichend!

Und um den grundlegend anderen Feder- und Dämpfungseigenschaften entgegen zu kommen, haben wir die verbaute Manitou Mastodon Pro nach diversen Testrunden final wie folgt angepasst: Druckstufe High Speed Dämpfung von +2 Clicks auf 0 (also komplett auf), Low Speed unverändert und Zugstufe um 1-2 Clicks weiter geöffnet. Kann man aber auch lassen, wie es war, nennen wir es mal „Feintuning„.

Wie neu geboren

So vorbereitet sind wir auf unsere viel zitierten Lieblingstrails ausgeritten und dort ging sie ab, die Post. Und zwar anständig. Der WTB Vigilante 2.8 ist ein sehr aggressiver Zeitgenosse, der selbst unter der brachialen Krafteinwirkung des Huraxdax ELS nie die gute Laune verliert.

Schnell-Im-Biss

Der Grip ist gigantisch und das Reifchen verzahnt sich solide im Untergrund. Gerade in schnellen Kurven wirkt der „Dax“ wie ein völlig neues Bike, so wieselflink und spritzig haben wir den Monstertruck noch nie erlebt. Das Schreckgespenst aller FATBiker, der Autosteer Effekt, ist eine Spezialität von FATBike Reifen – und beim Vigilante nicht mal zu erahnen. Im Prinzip fährt man hier ein anderes Bike – und das, ohne ein anderes Bike zu haben. Und beim Tausch zurück hat man wieder ein vollwertiges Fatty. It's magic!

Anständig gespart: 29 Plus vs. MonsterFAT

Und auch beim Systemgewicht gibt es gute Nachrichten. Vergleichen an der optionalen Johnny Five Bereifung des Huraxdax ELS lassen sich pro Rad stattliche 670 Gramm einsparen. Und selbst gemessen am serienmäßigen Jumbo Jim sind immer noch gut 350 Gramm pro Rad drin. Leichtere Räder sind immer gut! Dazu kommt noch der etwas geringere Rollwiderstand (wobei das nicht soooo viel ausmacht) und fertig ist der Radsatz zum rumwieseln!

29 Plus – was wir denken

Das Fatty ist jetzt ein Enduro…

Zugegeben: ein wenig verloren bis albern sieht das schon aus, so ein schmales Reifchen im FATten Rahmen. Dennoch: der Systemvergleich „echtes FAT“ gegen „Niner Plus“ ist müßig bis sinnlos. Es handelt sich um völlig unterschiedliche Ansätze. Und genau DAS ist das Spannende: wechselt man seine Laufräder von FAT auf 29 Plus so wechselt man eben nicht nur seine Räder – man steigt auf ein anderes Bike. Und das ganz ohne die üblichen Kompromisse. Oder sich ein anderes Bike kaufen zu müssen.

…und macht dabei richtig Laune!

29 Plus stellt praktisch genau dieses zweite Bike in Minutenschnelle zur Verfügung. Mit den FATBike Rädern im Rahmen ist der Huraxdax ELS ein kompromissloses FATBike, mit den 29 Plus ein genauso kompromissloses Enduro.

Woher nehmen?

Direktvergleich: selbst gegen 5″ ist der (Höhen!)Unterschied minimal

Bleibt die Frage, wie man an einen entsprechenden Laufradsatz kommt. Alternative 1: selbst bauen. FATBike Naben gibt es einzeln z.B. von DT Swiss oder Hope, die Felge sollte mind. 30mm Innenbreite haben. Alternative 2: man kauft den Radsatz fertig aufgebaut. Maxx z.B. bietet diese Option für 579,- Euro inclusive Reifen (aber ohne Kassette) ab Werk oder auch als Zubehör für alle FATBiker an. Dafür bekommt man in Rosenheim von Hand aufgebaute Laufräder mit DT Swiss Naben & Speichen und Sun Ringle Duroc Felgen.

Was bleibt?

Die Brücke zwischen Enduro und FAT. Eine herrliche Metapher!

Für uns stellt 29 Plus eine absolut sinnvolle Ergänzung für alle dar, die beides wollen: FATBike und MTB, die aber aus Platz-, Geld-, Vernunft- oder was-auch-immer-Gründen keine 2 Bikes gebrauchen können. Da Umfang und Durchmesser auf Augenhöhe mit normalen FATBike Rädern liegen, bleiben wichtige Geometriewerte unverändert. Gerade bei unserem Testbike hat man die charmante Alternative, den Radsatz direkt beim Kauf mit zu ordern. Zwei Bike-Arten kaufen, aber nur eins plus einen Laufradsatz bezahlen. Und weil man in ein MTB nunmal keine FATBike Räder stecken kann, macht es genau so rum auch Sinn.

Übrigens: eine weitere Alternative wäre hier 27.5 FAT – ein äußerst spannendes Format! Da liegt schon einiges bei uns bereit und das schauen wir uns demnächst näher an!

5 Responses

  1. Chris

    Hi Matt,

    fahre seit Sommer nach einiger Überlegung ein Huraxdax EL. Seitdem stehen meine „normalen“ MTBs (Hardtail, Fully ohne E) nur noch zur Zierde in der Garage. Ich genieße den im Vergleich tollen Komfort des Fattys im Eco-Modus, der das Gewicht ausgleicht. Will ich sehr zügig bergauf, hilft der Motor mehr mit. Das Konzept mit 29″ Plus finde ich interessant und werd’s mal testen.

    FATte Grüße
    Chris

    Antworten
  2. Michael Hummel

    Hi,
    ich fahr seit einiger Zeit auf meinem Dude auch Räder mit 19mm breiter Felge. Damit kann ich von Rennradreifen bis 2,1er MTB-Reifen alles fahren. Die Bandbreite ist enorm. Vom Fatbike bis zum Carbonhardtail mit einem Rad. Grüße von hier nach da.

    Antworten
    • Matt

      Servus Michael,

      danke für den Kommentar! Wow, Rennradreifen auf nem Fatty! Schonmal probiert wie das aussieht?!? Klingt abgefahren – im wahrsten Sinne des Wortes! Aber das ist genau, worum es uns auch ging. Mal schnell aus dem Fatty einen Renner machen. Geht extrem gut. Und auf jeden Fall erheblich besser als anders rum 😀

      FATte Grüße

      Matt

  3. Andreas

    Ich habe in der Fatbike-Deutschland-Gruppe in Facebook mein Fatty (4,8 Zoll, vorne Mastadon) mit meinem 27,5 Fully Plusbike (3 Zoll) verglichen.
    Für mich: Klarer Testsieger das Fatty. Habe dort auch einen youtube-link gesetzt, bei dem ein Profi vergleicht. Klar, der ist im Downhill mit dem Plusbike schneller. Aber der Hobbyfahrer und Fatbikefahrer wird immer das Fatbike komfortabler finden, denke ich.

    Antworten
    • Matt

      Servus Andreas,

      vielen Dank für den Kommentar. Wir haben den Vergleich Fatty versus 29″ Plus ja ganz bewusst nicht gezogen – kein Plus Bike kann ein Fatty ersetzen. Aber auch nicht umgekehrt – im entsprechenden Einsatzbereich. Wir hatten vor zwei Jahren mal die Chance, im North Shore von Vancouver ein Norco Ithaqua und ein Norco 27.5+ DIREKT zu vergleichen. Wir waren damals immer gleich schnell und hatten gleich viel Spaß, nur das Fahrverhalten an sich ist komplett anders. Was besser war? Schwer zu sagen, ist Geschmacksache, wie so oft.
      Trotzdem ist es irgendwie einfach cool, dass man mit einem anderen Radsatz plötzlich ein völlig anderes Bike hat. Zumal der Unterschied wirklich immens ist. Welches andere Bikekonzept kann bei so viel Flexibilität schon mithalten? Keins. Also: Beweis erbracht: FATBikes sind wirklich das Beste 🙂

      FATte Grüße

      Matt

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.